Die Macht der Flüche
Das Verfluchen eines Feindes blickt auf eine uralte Tradition zurück. Das ist Magie im eigentlichen Sinn. Aus dem alten Ägypten sind Fluchformeln wörtlich überliefert, besonders ausgeprägt sind Flüche auch in Afrika, wo das Verfluchen sogar rituell zelebriert wird. Fluchtafeln z. B. sind für gewöhnlich mit Inschriften versehene Bleibleche, die dem Zweck dienen sollten, Personen oder andere Lebewesen mit magisch-rituellen Mitteln oder mit Hilfe einer Gottheit in ihrem Handeln zu beeinflussen, an ihren Tätigkeiten zu hindern und sie zu „binden“ oder ihnen auf bestimmte Zeit geistig beziehungsweise körperlich zu schaden, seltener sie sogar zu töten. Eine Sonderform stellen kleine menschenähnliche Figuren, so genannte Defixionsfigurinen aus Wachs, Ton, Bronze oder Blei dar, die das Fluchopfer darstellen sollten. Um dem Verfluchten zu schaden, wurden Defixionsfigurinen symbolisch nicht nur mit Nägeln durchbohrt, sondern auch gefesselt, verstümmelt oder mit dem Namen des Adressaten versehen. Im Voodoo gibt es Praktiken, die als Schadenszauber oder Flüche bezeichnet werden, wie z.B. der „Stein des Jinxing“ oder der „Mohnfluch des leichten Schmerzes“. Der „Voodoo-Tod“ ist ein Beispiel dafür, wie der Glaube an einen Fluch zu einem plötzlichen Tod führen kann, selbst bei ansonsten gesunden Menschen. Flüche funktionieren. Zahlreiche Fälle sind bekannt, von Menschen, die allein durch den Glauben an eine Krankheit krank wurden und im Extremfall sogar starben. Mediziner sprechen zwar vom Nocebo-Effekt, dem bösen Bruder des Placebo-Effekts. Genau wie der Glaube einen Kranken heilen kann, kann der Glaube an eine Art Fluch einen Gesunden krank machen. Doch man sollte solche Vorgänge nicht einfach belächeln, sie haben durchaus ihre Wirkung.
Ein starkes Indiz für die Wirksamkeit von Flüchen ist der sogenannte Fluch der Tempelritter. Die Tempelritter wurden im 14. Jahrhundert von König Philipp IV. von Frankreich wegen Ketzerei und anderer Verbrechen angeklagt. Die offizielle Auflösung des Ordens durch Papst Clemens V. erfolgte beim Konzil von Vienne (1312). Am 18. März 1314 wurden der letzte Großmeister, Jacques de Molay, und ein weiterer hochrangiger Templer, Geoffroy de Charney, auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Vor seiner Hinrichtung soll Molay den König und den Papst verflucht haben. Kurz vor seinem Tod soll er ausgerufen haben, dass Gott ihren Tod rächen werde und dass Unglück über diejenigen hereinbrechen werde, die sie zu Unrecht verurteilt hätten. Fakt ist, das Papst Clemens V. nur einen Monat später im April 1314 starb. König Philipp IV. starb ebenfalls im gleichen Jahr, im November 1314.
Ein weiterer bekannter Fluch ist der Fluch von Oak Island. Seit der Entdeckung 1795 entstanden viele Legenden, die das Geheimnis von Oak Island erklären sollen. Der Fluch besagt, dass sieben Menschen sterben müssen, bis die Insel ihr Geheimnis preisgeben würde. Er kam kurz nach den ersten Todesfällen auf. Bis heute sind sechs Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, das Rätsel zu lösen.
Der Talakadu Fluch

Talakadu liegt am Ufer des Flusses Cauvery (Kaveri) . Die Stadt war in der Antike eine blühende Stadt mit mehr als 30 Tempeln, von denen die meisten heute im Sand begraben liegen. Die Sandhügel dringen mit einer Geschwindigkeit von 9 bis 10 Fuß pro Jahr über die Stadt vor, hauptsächlich während des Südwestmonsuns. Die Bewohner von Talakadu waren ständig gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und sich weiter ins Landesinnere zurückzuziehen. Geologen sehen in diesem Phänomen eine ökologische Katastrophe. Die regelmäßige Überschwemmung mit Sand ist ein Rätsel, da das Gebiet aufgrund seiner Nähe zum Fluss eigentlich fruchtbar sein sollte. Sriranga Deva Raya der zweite Kaiser von Vijayanagara aus der Aravidu-Dynastie, der an einer unheilbaren Krankheit litt, kam nach Talakadu (Talkad), um im der hinduistischen Gottheit Shiva geweihten Tempel von Vaidyēsvara Opfer darzubringen. Seiner zweiten Frau Rāni Alamelamma überließ er für diese Zeit die Regierungsgeschäfte in Srirangapatna. Als diese hörte, dass Sriranga im Sterben lag, reiste sie sofort nach Talakadu mit dem Ziel, ihn vor seinem Tod noch mal zu sehen. In der Zwischenzeit übernahm Raja Wodeyar I. der neunte Maharadscha des Königreichs Mysore die Regierungsverantwortung in Srirangapatna. Es scheint, dass Rāja Wodeyar die Tempeljuwelen der Stadt begehrte, die Rāni Alamelamma mit genommen hatte. Jedenfalls schickte er Männer nach Talakadu um Alamelamma gefangen zu nehmen und in den Besitz der Juwelen zu kommen. Um einer Gefangennahme zu entgehen ging Alamelamma zum Ufer des Kaveri-Fluss warf die Juwelen hinein bevor sie sich selbst im Fluss ertränkte, Zuvor jedoch stieß sie der Legende nach folgenden Fluch aus:
(ತಲಕಾಡು ಮರಳಾಗಿ; ಮಾಲಿಂಗಿ ಮಡುವಾಗಿ, ಮೈಸೂರು ದೊರೆಗೆ ಮಕ್ಕಳಾಗದೆ ಹೋಗಲಿ!)
Klartext: Talakadu maralagali, Malangi maduvagali, Mysuru dhorege makkalilladhe hogali“, übersetzt: „Möge Talakadu im Sand versinken, möge Malangi zu einem Strudel werden und möge der König von Mysuru erbenlos sein.
Die Strudel im Fluss gegenüber Malangi und der Flugsand sind real und entstanden etwa zur Zeit von Alamelammas Fluch. Die Altstadt von Talkād ist vollständig unter Sand begraben und Sriranga Deva Raya starb 1586 n. Chr. ohne einen Erben. Beide Ereignisse, die offenbar mit dem Fluch in Zusammenhang stehen, entziehen sich jeglicher Logik.