William de Marisco
Lundy ist ein großer Felsbrocken im Bristolkanal. Ringsherum sind nur steile Klippen. Eine breite, unbefestigte Fahrstraße führt auf den Felsen hinauf. Die Insel ist ca. 4,5 Kilometer lang und einen Kilometer breit. Oben ist sie weitestgehend flach. Im Süden und Westen säumen hohe Klippen, im Osten steile, baumbestandene Hänge die Küste. Die einzige Bucht der Insel befindet sich im Südosten.

Die kleine Insel diente dem Piraten William de Marisco als Rückzugsort für seine Seeräuberfahrten. Vermutlich hat er einen riesigen Schatz zusammengetragen, der bis heute als verschollen gilt. 1195 nahm William de Malisco die Insel in Besitz und nutzte sie als Stützpunkt. Von hier aus enterte er mit angeheuerten Piraten die Schiffe, die den Bristolkanal, eine Meerenge an der Westküste Großbritanniens, zwischen England und Wales, befuhren, und raubte sie aus. Er erbaute Marisco Castle mit 2,70 m dicken Mauern und befestigte den einzigen Punkt der Insel, an dem ein Boot anlanden konnte. Er verteidigte diese Landestelle gegen jeden, der dort anlegen wollte. Zu seinem Schutz bezahlte er Piraten und Banditen. Marisco soll große Mengen an Handelswaren, Gold und Edelsteine erbeutet haben. Es wird behauptet, dass er ebenso reich war wie der englische König Heinrich III. (1207 – 1272). William de Marisco war an der Ermordung von Henry Clement, einer der Gesandten des Königs, im Jahr 1235 beteiligt. 1238 wurde William de Marisco in die Verschwörung verwickelt, die zum Ziel hatte, Heinrich III. zu ermorden. Dies mißlang, sodass Marisco fliehen musste. Er verschanzte sich auf seiner Insel. 17 Jahre später wurde er und siebzehn seiner Begleiter gefangen und vor Gericht gestellt, als die königliche Armee Lundy belagerte. Marisco wurde gehängt, anschließend ertränkt und dann gevierteilt. Noch auf dem Schafott brüstete sich Williams seines Reichtums. Er rief den Leuten die seiner Hinrichtung beiwohnten zu, niemand würde den Schatz jemals finden, er sei auf der Insel zu gut versteckt. Ein zum Tode Verurteilter brüstet sich nicht in seiner letzten Stunde mit Goldschätzen die er nicht besitzt und er versucht auch nicht sich durch Bestechung mit einem nicht existierenden Goldschatz freizukaufen. Daher ist mit einiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, das William de Marisco tatsächlich einen Schatz versteckt hat. Man vermutet dass der Schatz entweder in oder in der Nähe seiner Burg, oder aber in einer der zahlreichen Höhlen an der Steilküste versteckt liegt. Doch bisher konnte der Schatz nicht gefunden werden. Auf seiner ehemaligen Burg Marisco Castle hat Marisco den Schatz wohl nicht versteckt. Marisco Castle wurde völlig restauriert und ist bewohnt. Man hätte in der Zwischenzeit sicherlich etwas gefunden. Auf jeden Fall lohnt sich eine Suche, den Mariscos Schatz ist bis heute verschollen. Es dürfte nicht allzu schwierig sein die Höhle zu finden, in der Marisco seinen Schatz versteckt hat. Als Schatzversteck kommt am ehesten die Westseite der Insel in Frage, denn hier befinden sich zahlreiche Höhlen in den Klippen, in denen der Schatz versteckt sein könnte. Angeblich sollen 1864 zwei Männer die Schatzhöhle entdeckt haben. Beide kamen bei dem Versuch den Schatz zu bergen, ums Leben. Ihre Skelette wurden erst viele Jahre später gefunden. Da große Teile der Höhle eingestürzt waren, konnte nie zweifelsfrei festgestellt werden, ob die beiden wirklich die Schatzhöhle des William de Marisco entdeckt hatten. Wahrscheinlicher ist, dass sie den Schatz des Piraten Nutt entdeckt haben. Die Gebrüder John und Robert Nutt waren berüchtigte Piraten, die im 17. Jahrhundert Englands Küsten heimsuchten. Im Jahr 1632 machte Nutt die Insel Lundy zu seinem Stützpunkt. Er hat während seines Aufenthaltes auf Lundy angeblich ein großes Schatzversteck in einer der vielen Höhlen auf der Insel angelegt. Als er eines Tages auf dem Rückweg von einem Überfall im Bristokanal war, begegneten ihm zwei britische Kriegsschiffe. Nutt floh mit seinem Schiff der Black Mary Richtung walisische Küste, wo sein Schiff unterging und die gesamte Besatzung umkam. Sollte sein Schatz tatsächlich existieren, dann liegt er noch auf Lundy. Möglicherweise gibt es noch weitere Piratenschätze auf Lundy. Zu den Piraten, von denen bekannt ist, dass sie Lundy zwischen 1560 und 1580 als Stützpunkt nutzten, gehören Robert Hickes aus Saltash, Captain John Piers aus Padstow und John Challice. Auch in den Jahren 1628 bis 1634 wurde die Insel von Freibeutern französischer, baskischer, englischer und spanischer Herkunft heimgesucht, die es auf Schiffe abgesehen hatten, die die Route durch den Bristolkanal nahmen. Eine ganz andere Schatzgeschichte betrifft den Schmuggler Thomas Benson, der Lundy 1748 von seinem Besitzer Lord Gower für eine Miete von 60 Pfund pro Jahr pachtete. Er ließ eine große Höhle, in die Felswand unterhalb des Bergfrieds der Burg graben, um dort die Waren zu lagern, die er bei seinen ausgedehnten Schmuggelaktivitäten erbeutet hatte. Die Höhle ragt etwa 60 Fuß tief in die Felswand hinein, ist acht Fuß breit und zwölf Fuß hoch. Einer Legende zufolge, die durch eine alte Karte im Athanaeum Museum in Barnstaple gestützt wird, liegt dort noch ein Teil der unrechtmäßig erworbenen Gewinne Bensons. Gefunden wurde jedoch nichts und es gibt keine stichhaltigen Beweise dafür, dass die Höhle jemals weiter reichte, als man heute sehen kann.
Lundy Island befindet sich inmitten eines alten, früher einmal viel befahrenen Schifffahrtskanals. Schiffe kehrten von überall auf der Erde zum damals florierenden Hafen von Bristol zurück. Rund um die Insel befinden sich schätzungsweise 137 Wracks. 1957 wurde eine Flaschenpost zwischen Babbacombe und Peppercombe in Devon an Land gespült . Der Brief vom 15. August 1843 lautete: „Lieber Bruder, bitte, Gott stehe dir an Michaeli bei. Bereite dich darauf vor, in Lundy nach den Jenny-Elfenbeinen zu suchen. Adiue William, Odessa“. Die Jenny war ein dreimastiges Segelschiff (nach dem Umbau 1794 ein Rahschiff) , das angeblich Elfenbein und Goldstaub transportierte und am 20. Januar 1797 an einem Ort namens Jenny’s Cove oberhalb des Needle Rock auf Lundy strandete. Nur der Erste Maat überlebte. Einige Jahre später wurde etwas Elfenbein geborgen, aber die Lederbeutel, die Goldstaub enthalten hatten, wurden nie gefunden.
Anmerkung des Autors: Auf Lundy gibt es zahlreiche Höhlen, einige der bekannteren sind z.B. Devil’s Lime und „Seals Hole“. Devil’s Lime Kiln ist eine an ihrem inneren Ende durchgebrochene Meereshöhle die zur Luft hin offen ist. Die Höhle befindet sich an der Südspitze der Insel etwas südwestlich von Marisco Castle gelegen. Ebenfalls an der Südküste etwas weiter östlich gelegen, liegt „Seals ‚Hole“, eine Höhle die noch nicht durchgebrochen ist, aber in einer über 30 m hohen Kammer endet. Weitere Höhlen gibt es an der zerklüfteten Küste auf der Westseite der Insel. Vielleicht befindet sich das Schatzversteck Mariscos in einer Höhle irgendwo an dieser unzugänglichen Steilküste. Mariscos letzte Äußerung vor seinem Tod „niemand würde den Schatz je finden, er sei zu gut versteckt“, legt aber eher die Vermutung nahe, das der Schatz überhaupt nicht auf der Insel versteckt ist, denn dann wäre er wahrscheinlich schon gefunden worden. Als Schatzversteck kommt aber auch eine der vielen vorgelagerten, kleineren Inseln und Felsen, z.B . Rate Island, Great Shutter Rock (Black Rock), Half Tide Rock, Needle Rock, Constable Rock, Seals Rock, Gull Rock, oder Gannetts Rock, infrage. Vielleicht gibt es dort geeignete Höhlen.
Eine Suche an den Steilhängen von Rate Island, der größten vorgelagerten Insel verspricht am meisten Erfolg. Falls es hier eine Höhle gab, ist der Eingang vielleicht eingestürzt und nicht mehr ohne Weiteres sichtbar. Vielleicht liegt der Höhleneingang bei Flut unter Wasser und ist nur bei Ebbe begehbar. Die Insel ist bei Ebbe mit Lundy verbunden und von Marisco Castle aus zu sehen. Auf der einen Seite von Rate Island ist eine tiefe Schlucht. Eine nähere Untersuchung ist zu empfehlen. Auf jeden Fall kann sich eine Suche auf Lundy lohnen, denn Mariscos Schatz ist bis heute verschollen.