Viracocha

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Wiraqucha oder Viracocha ist eine andine Schöpfergottheit, die vor der spanischen Eroberung von allen Völkern der Zentralanden verehrt wurde. Dazu zählen die z. B.  Quechuas, Aymaras, Kollas, Huancas, oder auch Atacameños. Im sogenannten Huarochirí-Manuskript (Quniraya Wiraqucha) wird Viracocha (oder Qun Tiksi Wiraqucha)  als Schöpfer der Zivilisation beschrieben. In der Mythologie der Inkas ist er eine ihrer wichtigsten Gottheiten. Die Schöpfungsgeschichte der Andenvölker weist bemerkenswerte Paralellen zur Genesis der Bibel auf. Sie erzählt vom Erschaffer Viracocha oderCon Ticsi Viracocha (Erschaffer aller Dinge und Weltlehrmeister). Am Anfang war die Welt wüst und dunkel  (Purunpacha oder Tutayachacha genannt). Der Schöpfergott Ticsi Viracocha sei in der Gegend von Tiwanaku erschienen und habe dort Sonne, Mond und Sterne  erschaffen.  Danach auch  Riesen, Menschen, Tiere und alle anderen Dinge. Nach einer andinen, sechzig Tage währenden Sintflut, in der fast alle Menschen, mit Ausnahme von zweien starben, sei die Welt dann an vier Herrscher verteilt worden. Dem Mythos zufolge kündigte ein Lama einem Schäfer die Sintflut im Sternbild des Lama an, das unserem Sternbild des Orion entspricht, vor der er sich mit seiner Herde auf dem Berg Vilcacoto, in Sicherheit bringen solle.  In dieser Erzählung sind klare Paralellen  zur  Arche Noahs und der  biblischen Sintflut zu erkennen. Der Legende nach ließ sich Viracocha schließlich bei Tiwanaku nieder und zu seinen Ehren wurden die Gebäude der heutigen Ruinenstätte errichtet.

Der andine Schöpfergott Viracocha ist  unter anderem auch im berühmten Sonnentor der Tiwanaco-Kultur  abgebildet. Sein Bildnis wird oft gleichgesetzt mit einem antiken Gottessymbol, dem Stabsgott, welcher  in leicht abgewandelter Form überall auf dem amerikanischen Kontinent zu finden ist.  2003 wurde auf einigen Fragmenten einer zerbrochenen Kalebasse aus Kürbis in einer Grabstätte im Pativilca-Flusstal (Region Norte Chico ) die eingravierte Gestalt eines sogenannten Stabgottes gefunden. Dabei handelt es sich um eine Gottheit, die über Jahrtausende von verschiedenen Anden-Kulturen verehrt wurde, so auch von den Inkas. Laut Radiokarbon-Datierung entstand das Gefäß etwa 2250 vor Christus und ist somit wahrscheinlich die vermutlich älteste bekannte Gottesdarstellung von ganz Amerika. Normalerweise wird der Stabgott in frontaler Ansicht mit einem Stab in jeder Hand abgebildet, mit Zähnen und gespreizten und gekratzten Füßen. Manchmal auch mit Schlangen in der Kopfbedeckung oder der Kleidung.