Apokalyptische Stürme
Diese Wetterphänomene entstehen über warmen Gewässern, wo aufsteigender Wasserdampf zu mächtigen Gewitterwolken kondensiert. Aus zunächst kleinen Störungen entwickeln sich auf diese Weise riesige Tiefdrucksysteme, die je nach Region als Hurrikan, Taifun oder Zyklon betitelt werden. Unabhängig vom Namens, ist das Grundprinzip der Entstehung von Wirbelstürmen aber immer dasselbe. Die 10 tödlichsten Wirbelstürme der Welt zogen schwerste Verwüstungen mit sich – und sind heute bedrohlicher denn je. Höhere Meerestemperaturen liefern den Wirbelstürmen mehr Energie, wodurch diese zukünftig stärker und langlebiger werden könnten. Gleichzeitig erhöht der steigende Meeresspiegel das Risiko schwerer Sturmfluten. Der Klimawandel lässt grüßen. Ein prägnantes Beispiel von heute:
Hurrikan Milton war ein Hurrikan der fünften und höchsten Kategorie, der sich im Oktober 2024 über dem Golf von Mexiko bildete. Er entstand aus einer langgezogenen tropischen Störung, die in der westlichen Karibik ihren Ursprung hatte, und machte dann, begünstigt von extrem warmen Meerestemperaturen, eine äußerst schnelle Intensivierung durch. Dabei verstärkte er sich binnen eines Tages vom Tropensturm bis zu einem Kategorie-5-Hurrikan. Als solcher streifte er zunächst die mexikanische Halbinsel Yucatán und Kuba, bevor er Richtung Nordosten zog und in Florida, etwas südlich der dicht besiedelten Tampa Bay, als Kategorie-3-Hurrikan auf das US-amerikanische Festland traf. Milton stellte mehrere meteorologische Rekorde auf. Er war der stärkste tropische Wirbelsturm im Atlantik im Jahr 2024 und gemessen am Luftdruck der fünftstärkste Hurrikan, der bis dato im Atlantik verzeichnet wurde. Zudem intensivierte sich kein Hurrikan im Golf von Mexiko schneller als Milton. Der Hurrikan löste an der Westküste Floridas, die erst wenige Tage zuvor beim Vorbeizug von Kategorie-4-Hurrikan Helene erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurde, eine schwere Flutwelle aus, brachte große Regenmengen und zahlreiche Tornados mit sich und führte zu erheblichen Sturmschäden. Mindestens 24 Menschen starben. Mehrere Attributionsstudien kamen zum Ergebnis, dass der menschengemachte Klimawandel die Intensität von Milton verstärkt und seine Zerstörungskraft erhöht hat. Etwa 45 % der von Milton verursachten Schäden werden als Folgen der globalen Erwärmung eingeordnet.
| Platz 1: Bhola-Zyklon 1970 (Ost-Pakistan) | Der Bhola-Zyklon vom November 1970 gilt bis heute als der tödlichste tropische Wirbelsturm der Geschichte. Er formte sich über dem Golf von Bengalen und traf am 12. November mit voller Wucht auf die dicht besiedelten Gebiete des damaligen Ost-Pakistan. Dabei kam es zu einer regelrechten Flutkatastrophe. Ein Großteil des Küstenlandes im Ganges-Brahmaputra-Delta liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, sodass die Sturmfluten ungehindert ins Landesinnere vordringen konnten. Schätzungen über die Zahl der Todesopfer schwanken zwischen 300.000 und 500.000. |
| Platz 2: Coringa-Zyklon 1839 (Indien) | Am 25. November 1839 traf ein gewaltiger Wirbelsturm die Hafenstadt Coringa im heutigen Bundesstaat Andhra Pradesh. Damalige Quellen erwähnen eine außerordentlich hohe Zahl an Schiffen, die sich zu jenem Zeitpunkt im Hafen befunden haben sollen – manche sprechen sogar von „200.000“ . Fest steht jedoch, dass Coringa zu den wichtigen Handelsstädten an der Mündung des Godavari zählte und dass infolge der Sturmflut nahezu alle dort vor Anker liegenden Schiffe zerstört wurden. Ebenso verheerend wirkte sich die Flut auf das Umland aus. Da Deichanlagen so gut wie nicht existierten und frühe Warnungen ausblieben, kamen die Wassermassen für viele Bewohner völlig überraschend. Felder, Vieh und Wohnhäuser wurden in kürzester Zeit fortgerissen, sodass zahlreiche Familien innerhalb weniger Stunden ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Schätzungen zufolge starben mehr als 300.000 Menschen. Damit gilt der Coringa-Zyklon von 1839 als eine der tödlichsten Sturmkatastrophen in der überlieferten Geschichte, nur übertroffen vom Bhola-Zyklon 1970. |
| Platz 3: Haiphong-Taifun 1881 (Vietnam) | Dieses Extremwetterereignis erreichte am 8. Oktober nach seinem Durchzug über die Philippinen das Gebiet rund um den Golf von Tonkin – und traf die damals noch junge Hafenstadt Haiphong mit einer Wucht, die als beispiellos für die gesamte Region galt. Orkanartige Winde und gewaltige Wellen setzten große Teile der Stadt unter Wasser. Besonders die tief liegende Ebene in der Nähe des Roten Flusses begünstigte das Eindringen der Flut. Reisfelder wurden großflächig überflutet, und die meisten Gebäude zerbarsten oder stürzten ein. Frühere Berichte gehen von bis zu 300.000 Todesopfern aus, wobei moderne Schätzungen eine weit geringere Zahl annehmen – alleine deshalb, weil das Gebiet 1881 noch nicht entsprechend stark besiedelt war. Dennoch gilt der Haiphong-Taifun als Katastrophe historischen Ausmaßes. Die Stadt verlor vorübergehend ihre Rolle als bedeutendes Handelszentrum, da essenzielle Infrastrukturen wie Lagerhallen und Ankerplätze zerstört wurden und nur mühsam wiederhergestellt werden konnten. |
| Platz 4: Taifun Nina 1975 (China) | Der Taifun Nina zählt zu den tödlichsten Wirbelstürmen der Geschichte und richtete im Sommer 1975 verheerende Zerstörungen in Ostasien an. Der Sturm entwickelte sich Ende Juli über dem Nordwestpazifik und erreichte Anfang August Taiwan mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h. Die Region Hualien war besonders schwer betroffen, und Überschwemmungen sowie Erdrutsche verursachten dort riesige Schäden. Tausende Häuser wurden zerstört, 29 Menschen verloren ihr Leben, und der Verkehr in der Region kam nahezu vollständig zum Erliegen. Doch dabei blieb es nicht. Nachdem der Taifun in Taiwan gewütet hatte, schwächte sich Nina über dem chinesischen Festland zunächst ab. Doch die Situation eskalierte, als der Sturm in der Provinz Henan auf eine Kaltfront traf. Diese Wetterkonstellation führte zu tagelangen Starkregenfällen mit Höchstwerten von bis zu 1.000 mm in nur 24 Stunden. Die gewaltigen Wassermassen brachten schließlich den Banqiao-Staudamm zum Einsturz und lösten eine der schwersten Flutkatastrophen des 20. Jahrhunderts aus. Ganze Dörfer wurden von den Flutwellen fortgerissen, und die Zerstörungen waren von unermesslichem Ausmaß. Schätzungen zufolge kostete die Katastrophe 229.000 Menschen das Leben. |
| Platz 5: Backerganj-Zyklon 1876 (Britisch-Indien) | Der Backerganj-Zyklon, welcher sich im Oktober 1876 im Golf von Bengalen zusammenbraute, entwickelte sich innerhalb weniger Tage zu einem der verheerendsten Unwetter seiner Zeit. Sein Verlauf führte in das Gebiet des heutigen Bangladeschs, das damals noch als Teil von Britisch-Indien galt. Das dort liegende Gangesdelta bot den aufsteigenden Wassermassen aufgrund seiner flachen Topologie kaum Widerstand und ermöglichte Überschwemmungen, die weit ins Landesinnere reichten. Der Backerganj-Zyklon erreichte seinen Höhepunkt zwischen dem 31. Oktober und dem 1. November. Die plötzlich eintretenden Fluten trafen die Menschen völlig unvorbereitet, da selbst kleinere Geländeerhebungen der zerstörerischen Kraft des Wassers kaum standhielten. Das Ausmaß der Katastrophe war gewaltig: Obwohl genaue Aufzeichnungen fehlen, gehen spätere Schätzungen von bis zu 250.000 Todesopfern aus. |
| Platz 6: Zyklon Nargis 2008 (Myanmar) | Gegen Ende April 2008 bildete sich im Golf von Bengalen erneut ein zunächst unscheinbares Tiefdruckgebiet. Nach wenigen Tagen schwacher Intensität schlug dieses System jedoch einen ungewöhnlichen Kurs ein und verstärkte sich in rasantem Tempo. Am 2. Mai traf dann Zyklon Nargis mit Windgeschwindigkeiten von über 160 km/h auf das flache Küstengebiet rund um das Irrawaddy-Delta in Myanmar. Anders als die meisten Tropenstürme verlor der Zyklon nach dem Landfall nicht schnell an Intensität, da er über mehrere Stunden hinweg über Wasser weilte. Als Folge daraus entwickelte sich eine starke Sturmflut, welche tief ins Landesinnere drängte. Begünstigt wurde die Situation durch die in den Jahren davor stark ausgedünnten Mangrovenwälder. Dadurch fehlte der natürliche Puffer zum Abfangen großer Wassermassen. Dörfer wurden überspült, wichtige Verkehrswege lahmgelegt und auch die Großstadt Rangun blieb nicht von den Fluten verschont. Offizielle Stellen gingen im späteren Verlauf von mindestens 84.500 Todesopfern aus. |
| Platz 7: Bangladesch-Zyklon 1991 (Bangladesch) | In der letzten Aprilwoche des Jahres 1991 bildete sich über dem Golf von Bengalen ein tropischer Wirbelsturm, der sich in kurzer Zeit zu einem außergewöhnlich mächtigen System weiterentwickelte. Den Höhepunkt erreichte der Zyklon am 29. April, als er im Südosten Bangladeschs auf Land traf. Ungünstigerweise fiel dieser Zeitpunkt mit einer ohnehin schon hohen Flut zusammen, sodass die heranrollenden Wassermassen noch weiter anstiegen. Die Umgebung von Chittagong war eine der am stärksten betroffenen Regionen. Über Nacht wurden Küstengebiete von meterhohen Fluten überschwemmt, während heftige Böen Häuser, Schiffe und Straßen schwer beschädigten oder vollständig zerstörten. Offizielle Schätzungen gehen von über 100.000 Todesopfern aus. |
| Platz 8: Chittagong-Zyklon 1897 ( Britisch-Indien) | Dieser Zyklon ereignete sich im damaligen Britisch-Indien, dessen Gebiet heute weitgehend zu Bangladesch gehört. Nach Schätzungen forderte der Sturm rund 84.000 Menschenleben. Der Zyklon traf vor allem die Küstenregion um die Stadt Chittagong, wo die Sturmflut tiefliegende Gebiete überflutete und viele Menschen unvorbereitet erwischte. Das Ereignis nahm seinen Ursprung in einem Tiefdruckgebiet, das sich rasch über der nördlichen Bucht von Bengalen verstärkte. Als der Zyklon auf Land traf, rissen die Fluten kleinere Wohnhäuser und Fischerboote mit sich. Besonders betroffen waren provisorische Behausungen, die dem Wasserdruck nicht standhalten konnten. Viele Familien verloren ihre Existenzgrundlage, da umliegende Felder und Ackerflächen durch die Fluten sowie als Folge den erhöhten Salzgehalt in der Erde unbrauchbar wurden. |
| Platz 9: Shantou-Taifun 1922 (China) | Der Shantou-Taifun im Jahr 1922 entwickelte sich Ende Juli über dem Westpazifik und zog nur langsam in nordwestliche Richtung. Dabei passierte der Sturm zunächst die philippinische Insel Luzon, bevor er am 2. August auf die chinesische Küste bei Shantou (Provinz Guangdong) traf. Dort stieg das Wasser innerhalb kurzer Zeit um mehrere Meter an und überflutete große Teile der Stadt sowie umliegende Küstengebiete. Hafenanlagen und Schiffe wurden von den Fluten entweder zerstört oder weit ins Landesinnere getrieben. In vielen Berichten ist von einer Sturmflut die Rede, welche mit ihrer Höhe sämtliche Deiche überrollte. Zahlreiche Häuser, besonders jene in Ufernähe, ließen sich nicht rechtzeitig sichern und versanken in den Fluten. Schätzungen gehen von 40.000 bis 80.000 Todesopfern aus – wobei vereinzelt sogar sechsstellige Zahlen genannt werden. |
| Platz 10: Calcutta-Zyklon 1864 (Indien) | In den ersten Oktobertagen 1864 gab es nahe den Andamanen ungewöhnlich raues Wetter. Innerhalb weniger Tage entwickelte sich daraus ein starker tropischer Wirbelsturm, der am 5. Oktober die Küste Westbengalens. Der bei Calcutta (heute Kolkata) mündende Hooghly-Fluss stieg als Folge rasch an, und eine Sturmflut setzte große Teile der Stadt unter Wasser. Berichten zufolge wurden dabei unzählige Hütten und Boote weggespült sowie Hafenanlagen und Schiffe zum Teil irreparabel beschädigt. Die Flut überraschte die dort lebende Bevölkerung im Schlaf und traf auch jene Menschen, die sich bereits auf der Flucht ins Landesinnere befanden. Viele ertranken, andere erlagen in den Tagen darauf Krankheiten wie Cholera und Dysenterie, welche sich unter den überlebenden Stadtbewohnern rasch ausbreiteten. Insgesamt werden aufgrund dieser Katastrophe rund 60.000 Todesopfer angenommen. |
Außer Konkurrenz: Der Große Hurrikan von 1780 (Karibik)
Der Große Hurrikan von 1780 zählt zwar ebenfalls zu den verheerendsten tropischen Wirbelstürmen seiner Zeit, doch sind Zug und Stärke des Phänomens weitgehend unbekannt und undokumentiert. Fest steht jedoch, dass der als Hurrikan San Calixto II betitelte Wirbelsturm mit gewaltiger Zerstörungskraft auf mehrere Inseln der Karibik traf und eine Spur der Verwüstung hinterließ. Schätzungen zufolge forderte der Sturm mindestens 22.000 Menschenleben. Der Hurrikan formierte sich Anfang Oktober über dem warmen Wasser des Atlantiks, bevor er mit voller Wucht die Kleinen Antillen traf. Die Inseln Barbados, Martinique, St. Lucia und Sint Eustatius wurden dabei besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Historische Berichte schildern Windgeschwindigkeiten von bis zu 320 km/h, mit welcher Bäume entwurzelt, Gebäude zerstört und Schiffe regelrecht an Land geschleudert wurden. Allein in der Hauptstadt Saint-Pierre auf Martinique soll der Sturm über 9.000 Menschen das Leben gekostet haben.