Wände aus Sand

Haboobs sind heftige Sand- oder Staubstürme, die vom Wind einer Wetterfront oder eines Gewitters getragen werden. Bei der Entstehung eines Gewitters bewegen sich die Winde entgegen der Zugrichtung des Sturms und dringen aus allen Richtungen in das Gewitter ein. Sobald das Gewitter zusammenbricht und Niederschlag freisetzt, kehrt sich die Windrichtung um. Die Böen wehen vom Sturm weg und sind in der Regel am stärksten in Zugrichtung des Sturms. Wenn dieser Abwind kalter Luft oder 1Downburst den Boden erreicht, reißt er Sand und Staub aus der Wüste mit sich und bildet eine Sand- und Staubwand in der Luft, die der Gewitterwolke vorausgeht. Der Regen erreicht den Boden oft nicht, da er in der heißen, trockenen Luft verdunstet – ein Phänomen, das als Trockensturm bezeichnet wird . Durch die Verdunstung kühlt die strömende Luft weiter ab und treibt sie vorwärts. In manchen Fällen kann anhaltender Regen erhebliche Mengen Sand und Staub mit sich führen was in schweren Fällen zu so genannten Schlammstürmen führt. Die Sand- bzw. Staubwände können bis zu 100 km (62 Meilen) breit sein und sich über mehrere Kilometer in die Höhe erstrecken. Haboob-Winde können Geschwindigkeiten von 35 bis 100 km/h (22 bis 62 mph) erreichen und sich plötzlich und ohne große Vorwarnung nähern. Die kleineren Staubpartikel werden oft in noch größere Höhen transportiert und dann von Luftströmungen weitergetragen. Manchmal werden sie Tausende von Kilometern weit getrieben, bevor sie sich anderswo ablagern. Laut Angaben der Vereinten Nationen (UN) werden jedes Jahr etwa zwei Milliarden Tonnen Sand und Staub in die Atmosphäre bis etwa zwölf km Höhe aufgewirbelt. Etwa ein Viertel davon landet in den Ozeanen. Die Häufigkeit von Sand- und Staubstürmen hat sich in einigen Gebieten der Erde im 20. Jahrhundert verdoppelt. Laut UN ist mindestens ein Viertel der weltweiten Staubemissionen auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen. Dazu trage vor allem falsche landwirtschaftliche oder industrielle Bewirtschaftung und übermäßige Wassernutzung bei. Durch Abholzung, Dürren und Klimawandel verschärft sich das Problem noch mehr.
Haboob-Winde kommen in der Sahara und der Sahelzone vor. Auch auf der Arabischen Halbinsel, im Irak und in Kuwait entstehen Haboob -Winde häufig durch das Auftreffen eines Gewitters. Afrikanische Haboobs wiederum sind das Ergebnis der nordwärts gerichteten Sommerverschiebung der innertropischen Konvergenzzone nach Nordafrika und bringen Feuchtigkeit aus dem Golf von Guinea mit sich. In Australien treten Haboobs häufig im Zusammenhang mit Kaltfronten auf. Die Wüsten Zentralaustraliens sind besonders anfällig für Haboobs. Die dort entstehenden Sandwände reichen mehrere Kilometer in den Himmel und hinterlassen bis zu 30 Zentimeter Sand auf ihrem Weg. In den USA kommen Haboobs häufig in den Wüsten von Arizona vor . Wie im Nahen Osten entstehen sie oft durch den Zusammenbruch eines Gewitters. Einige der bekanntesten Staubstürme der 2Dust Bowl waren synoptische Ereignisse, die typischerweise durch den Durchzug einer starken Kaltfront verursacht wurden. In Mexiko kommen Haboobs im Norden des Landes in der Sonora- und Chihuahua-Wüste vor .
Auch auf dem Mars wurden globale Sand- und Staubstürme schon beobachtet. So etwa im Jahr 2018 als ein heftiger Sandssturm über die gesamte Mars-Oberfläche tobte und den Planeten vollständig verhüllte. Die niedrigere Gravitation und die dünnere Atmosphäre auf dem Mars führen dazu, dass Sandkörner bis zu 10-mal so hoch und zum Teil 100-mal so weit fliegen wie auf der Erde. Auch Staubstürme auf dem Titan wurden Staubstürme z. B. 2009 und 2010 beobachtet. Allerdings bestehen die konvektiven Sturmwolken aus flüssigen Methantröpfchen und der Staub besteht wahrscheinlich aus organischen 3Tholinen.
Der schlimmste Sandsturm der letzten 50 Jahre wurde „Godzilla“ getauft. 2020 fegte er über die Karibik hinweg. Die riesige Staubwolke hatte ihren Ursprung im mehr als 5.000 Kilometer östlich gelegenen afrikanischen Kontinent: Feiner Sand aus der Sahara wurde von Passatwinden über den Atlantischen Ozean getragen. Die karibischen Inseln waren fast vollständig von der Staubwolke bedeckt, in Puerto Rico hatte sich der Himmel verdunkelt, die Sonne war kaum zu sehen. Im Frühjahr bilden sich auch im Norden Chinas häufig Sandstürme. Kräftige Winde tragen dann Sand und feinen Staub aus der Wüste Gobi und der Mongolei nach Osten in die dicht besiedelten Industrieregionen. Im Jahr 2021 erlebten die chinesische Hauptstadt Peking und die Region von Xinjiang im äußersten Nordwesten bis Heilongjiang im Nordosten und der östlichen Küstenstadt Hafenstadt Tianjin den stärksten Sandsturm seit zehn Jahren als auch den mit der größten Ausdehnung.
Sandstürme sind aus europäischer Perspektive zwar weit weg. Doch auch bei uns gibt es Sandstürme. Am 8. April 2011 war ein Sandsturm die Ursache für eine Massenkarambolage auf der Autobahn 19 zwischen Rostock und Güstrow. Dabei gab es 8 Tote und 131 Verletzte. Die Sandwand war so dicht, dass die Sichtweite auf etwa fünf Meter sank.
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1Downburst ist ein starkes, nach unten und außen strömendes Windsystem , das von einer punktförmigen Quelle im Obergeschoss ausgeht und radial , das heißt in geraden Linien in alle Richtungen vom Aufprallbereich in Bodennähe, weht.
2Der Begriff bezieht sich auf eine Serie schwerer Staubstürme im mittleren Westen der USA in den 30er Jahren, die den Umfang eines nationalen Desasters annahmen. Ausgelöst durch falsche Bewirtschaftung und anhaltende Dürre wurden ca. 20 Millionen Hektar Ackerland unbrauchbar. Das brachliegende Land war Quelle für riesige Staub- und Sandwolken, die weite Gebiete überdeckten.
3Tholinen sind rötlich braune Gemenge teils komplexer organischer Moleküle aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff, die in der Atmosphäre von Gasplaneten, Monden oder Kometen unter dem Einfluss von UV-Strahlung und Sonnenwind entstehen