Radiästhesie

Georgius Agricola, De re metallica 1556

Radiästhesie ist die Lehre von angeblichen Strahlenwirkungen auf lebende Organismen. Die Untersuchung der Strahlen und deren Auswirkungen geschieht mittels einer paranormalen Strahlenfühligkeit bzw. Strahlenempfindlichkeit, die feinfühlige Menschen besitzen sollen. Als radiästhetische Instrumente gelten Pendel und Wünschelrute. Ein Pendel besteht üblicherweise aus einer etwa 25 bis 30 Zentimeter langen Schnur oder dünnen Kette, an deren Ende ein kleines Gewicht befestigt ist. Material und Form dieses Gewichts sind völlig unerheblich. Bekannt bereits seit dem späten Mittelalter besteht die Rute traditionellerweise aus einem gegabelten Haselnuss- oder Weidenzweig, der, in beiden Händen gehalten, über bestimmten Reizzonen ausschlagen soll. Moderne Ruten bestehen aus einem dünnen Metallbogen oder einem V- bzw. Y-förmigen Drahtgestell. Eine der frühesten Abbildungen (linkes Bild) von Rutengängern findet sich in  Agricolas »De re metallica« (1974). De re metallica libri XII (Vom Bergkwerck XII Bücher) ist ein 1556 in lateinischer Sprache postum erschienenes Buch von Georgius Agricola über die zur damaligen Zeit bekannten Bergbau- und Erkundungsmethoden. Gesicherte Hinweise auf das Rutengehen finden wir erst seit der Renaissance und zunächst nur aus dem Deutschen Reich. Um 1430 erwähnt ein Bergbautechniker erstmals die Wünschelrute, deren Ausschlag, wie er hinzufügt, auf metallische Ausströmungen zurückgehe. Die älteste bekannte bildliche Darstellung findet sich in einer Handschrift im Wiener Hofmuseum aus dem Jahre 1420, auf der ein Rutengänger neben einem Brunnen dargestellt ist. In einer 1464 verfaßten Handschrift sieht man, wie Moses das Rote Meer mit einem Stab teilt, dessen Form deutlich einer Wünschelrute ähnelt. Als einen klassischen Beleg für das Rutengehen wird oft auch eine Stelle aus dem Alten Testament angesehen, in der berichtet wird, daß Moses mit einem Stab, wie er unter ägyptischen Priestern verwendet wurde, auf den Felsen schlägt, aus dem sodann Wasser herausläuft. 

Die Radiästhesie gliedert sich in zwei Teilgebiete: die physikalische Radiästhesie und die mentale Radiästhesie. Bei der ersten Variante wird angenommen, dass allen physikalischen Objekten, so auch dem menschlichen Körper, Schwingungen zugrunde liegen. Diese können mithilfe einer Rute (z.B. Lecher-Rute, dem Hauptinstrument der physikalischen Radiästhesie) ausgetestet werden. Erfunden hat die Lecher-Rute der Physiker Reinhard Schneider. Sie basiert auf dem sogenannten Lecher-System, einer nach dem österreichischen Physiker Ernst Lecher (1856–1926) benannte Anordnung aus einer Zweidrahtleitung für Resonanzuntersuchungen und für eine Leistungsanpassung der Impedanz bei hochfrequenten elektrischen Signalen. Bei der mentalen Radiästhesie werden die Energiekörper, z. B. die Aura eines Menschen untersucht. Die Aura kann angeblich mittels Pendel oder Rute sichtbar gemacht werden.

Die Radiästhesie befasst sich mit:

  • physikalischen Objekten (z. B. Minerale, Metalle, Pflanzen)
  • Wasseradern und Wasserquellen
  • elektromagnetischen Feldern
  • feinstofflichen Phänomenen (morphischen Feldern, Auren
  • Gitterstrukturen der Erde (Globalnetzgitter (GNG), Hartmann-Gitter, Curry-Netz, Benker-Kubensystem, Wittmannsche Polpunkte)
  • radiästhetisch relevanten Lagerstätten
  • geologischen Verwerfungszonen mit erhöhter ionisierender Strahlung

Der am weitesten verbreitete radiästhetische Bereich betrifft die Tätigkeit von Rutengängern oder Pendlern zum Aufspüren sog. „Vor-Ort-Phänomene“, insbesondere unterirdische Bodenschätze und Wasseradern oder es werden gesundheitsschädliche Orte (geologische Reizzonen) erkannt aufgrund einer ortsgebundenen Reaktion (dem Ausschlag der Rute). Bisher ist es weder Vertretern noch Kritikern radiästhetischer Phänomene gelungen, die zum Teil gut dokumentierten Erfolge von Rutengängern bei der Wassersuche oder Bestimmung von Reizzonen mit konventionellen Argumenten überzeugend zu erklären bzw. zu widerlegen.

Die wissenschaftliche Erklärung für die Pendel- und Rutenphänomene lautet wie folgt: Der Ausschlag des Pendels wird durch ideomotorisch induzierte Muskelimpulse ausgelöst: Allein die Vorstellung einer Bewegung – unter anderem das Schwingen eines Pendels in eine bestimmte Richtung – führt zu geringfügigen, bewusst nicht registrierten Bewegungsimpulsen in jenen Muskeln, die zur Verwirklichung dieser Vorstellung erforderlich sind (1Carpenter-Effekt). Überdies spielen rhythmische Impulse aus Muskeltonusänderungen eine Rolle: Den Resonanzgesetzen der Physik gehorchend, schaukeln sich die minimalen Impulsstöße zu einer harmonischen Schwingung des Pendels auf. Der Ausschlag der Wünschelrute wird nicht durch „Strahlen“ oder „mentale Kommunikation“ ausgelöst, sondern, wie beim Pendeln, durch unbewusste (ideomotorische) Bewegungen des Radiästheten. Vor allem bei der Einhandrute genügt der winzigste, bewusst nicht wahrnehmbare Impuls, um die mit einer Kugel beschwerte Stahlfeder in Schwingung zu versetzen. Beim Arbeiten mit der traditionellen Zweihandrute kommt zu dem beschriebenen Carpenter-Effekt das sogenannte Kohnstamm-Phänomen hinzu: Die angespannte Haltung der Hände und Arme löst bereits nach kurzer Zeit einen Muskelklonus aus. Dabei handelt es sich um ein (geringfügiges) krampfartiges Zucken, das die Rute zum Ausschlag bringt.

 

Anmerkung des Autors: Es gibt Tiere, die die Fähigkeit zum wünschelruten besitzen. Die Schlupfwespe (Rhysaa persuasoria legt ihre Eier in Holzwespenlarven, die tief im Holz der Bäume iher Gänge nagen. Dazu senkt sie ihre lange Legeröhre von außen, von der Baumrinde her, durch das Holz und trifft die darin liegende Larve. Vorher  wünschelrutet sie, bis sie die richtige Stelle für den Einstich ihres Legebohrers gefunden hat, unter dem die Larve erreichbar ist. Noch ein paar Hinweise: der erfahrene Wünschelrutengänger verleiht seine Wünschelrute niemals. Durch die längere Nutzung werden nämlich in derselben die Moleküle so angeordnet, daß sie dem Durchgang des individuellen Körperrutenstromes den geringsten Widerstand entgegensetzen. In fremder Hand wird diese Anordnung irritiert, wodurch das Ausschlagen der Rute leidet. Erfahrungsgemäß ist die Metallrute aufgrund ihrer besseren Leitungsfähigkeit leistungsfähiger als eine Holzrute.  Ein Tipp zur Wünschelruten-Verstärkung: Wenn man an einem Schuh einen Dorn aus Metall anbringt und diesen durch einen Kupferdraht mit einer Wünschelrute aus Kupfer verbindet, waren die Bewegungen der Rute wesentlich stärker zu verspüren als ohne Erdung. Eine Wünschelrute wird auch bedeutend empfindlicher , wenn sie vor der Benutzung einige Zeit in die Nähe einer Influenzelektrisiermaschine gelegt wird.

Pflanzen sind lebendige Wünschelruten. Einige Pflanzen zeigen  mehr oder weniger sicher verborgene Quellen oder Erzlagerstätten im Untergrund an. Die Antike wußte es, die Indianer Nordamerikas wissen es noch heute,  ihnen offenbaren die Gewächse an der Oberfläche, was die Tiefe birgt. Der großblättrige Huflattich (Petasites vulgaris), die Sumpfpetersilie (Selinum marsh), die Färberröte (Rubia tinctorum), die Krauseminze (Mentha spicata) und andere Pflanzen zeigen Wasseradern im Boden an.

Es gibt auch Pflanzen in der Natur, die Erzlager im Untergrund anzeigen können. Die pflanzlichen Prospektoren können metallische Nanopartikel aus dem Boden aufnehmen und ansammeln. Sie transportieren beispielsweise Nano-Zink aus dem Boden in ihre oberirdischen Pflanzenteile und reicheren es in ihren Blättern an. Auch von Nano-Silber und- Gold ist diese Anreicherung bekannt. Eukalyptusbäume, aber auch Akazien z. B. können winzige Goldpartikel in ihren Blättern und Ästen anreichern und so verborgene Goldreservoire am Standort anzeigen. In Australien wurden eine riesige Goldlagerstätte entdeckt, die unter verwitterten Gesteinsschichten unter Eukalyptusbäumen verborgen war. Mit Hilfe der Röntgenfluoreszenz-Analyse können Pflanzen auf Metallanreicherungen untersucht werden. Bei dieser Technik werden z. B. die Blätter mit Röntgenstrahlung durchleuchtet. Dadurch werden die Elektronen bestimmter Atome kurzzeitig angeregt und senden bei Rückkehr in ihren Ursprungszustand Licht aus. Anhand dieses Leuchtens lässt sich feststellen, welche Elemente in den Blättern enthalten sind. Gleichzeitig aber erzeugt dieses Leuchten ein mikroskopisches Abbild der Struktur der Materialien.  Zu den goldanzeigenden Pflanzen zählen die Ackerminze (Mentha arvensis), die Federnelke (Dianthus plumarius) und eine Heckenkirschenart (Lonicera). Die Wunderblume (Mirabilis) zeigt Silberstätten an. Der Huflattich kann Bleierz anzeigen, weshalb er auch Bleipflanze genannt wird. Das Galmeiveilchen ( Viola lutea subsp.) zeigt Zinklagercstätten an. Als Galmeipflanzen (von Galmei = Zinkerz) bezeichnet man an hohe Gehalte von Zink, oft in Kombination mit anderen Schwermetallen, speziell angepasste Pflanzenarten. Galmeipflanzen sind also eine besondere Ausprägung von Schwermetallpflanzen oder 2Metallophyten. In Frankreich wurden mit Hilfe des Schuppenbaums (Lepidodendron) neue Steinkohlenfelder entdeckt. Ebenfalls Erzlagerstätten anzeigen können die Gauklerblume (Mimulus), und die Galmei-Frühlingsmiere (Minuartia verna subsp. hercynica). Auf den Kupferschieferhalden bei Klostermansfeld in Sachsen-Anhalt tritt letztere unter der Bezeichnung Kupferblume auf. Der Sumach (Rhus coriaria) zeigt ebenfalls Bleierzvorkommen an. Crosby-Buchweizen (Eriogonum crosbyae), der in Gebieten mit alteriertem Rhyolith wächst, kann als Indikator für Gold- oder Silbervorkommen in der Nähe dienen. Wüstentrompete (Eriogonum inflatum), auch als Blasenstiel oder Indisches Pfeifenkraut bekannt, ist ebenfalls ein Goldindikator. Vierflügeliger Salzstrauch und Großer Beifuß werden seit langem von Goldsuchern als Indikatoren für eine Goldlagerstätte in der Nähe genutzt. Heute haben Wissenschaftler mehr als 85 verschiedene Pflanzenarten identifiziert, von denen angenommen wird, dass sie auf Standorte hinweisen, die wahrscheinlich reich an einem bestimmten Mineral oder Element sind. Als nützlicher Indikator muss die Vegetation jedoch gleichmäßig über das Erkundungsgebiet verteilt sein. Untersuchungen zur Geobotanik (auch Phytogeographie genannt) zeigen, dass Pflanzen der Familien Leguminosae, Lamiaceae und Caryophyllaceae am ehesten als Indikatoren oder Hyperakkumulatoren für schwere Mineralansammlungen fungieren.

Linie

1Als Carpenter-Effekt wird das Phänomen bezeichnet, dass das Sehen einer bestimmten Bewegung sowie – in schwächerem Maße – das Denken an eine bestimmte Bewegung die Tendenz zur Ausführung ebendieser Bewegung auslöst.

2Metallophyten – auch Chalkophyten oder Erzpflanzen und je nach Sichtweise auch Schwermetallpflanzen oder Metall-(An)Zeigerpflanzen genannt – sind Pflanzen, die in der Lage sind, größere Mengen bestimmter Schwermetalle einzulagern oder auch anzureichern. Das Gebirgs-Hellerkraut – kann Nickel anreichern. Das Gösing-Täschelkraut und die Hallersche Schaumkresse – können Blei, Cadmium, Nickel und Zink anreichern. Das Rohrglanzgras – kann Germanium anreichern. Das Taubenkropf-Leimkraut – kann nicht näher genannte Schwermetalle anreichern. Der Teestrauch – kann Aluminium anreichern.