Planet Neun

Planet Neun wird ein hypothetischer planetenartiger Himmelskörper genannt, der im äußeren  Sonnensystem weit außerhalb der Umlaufbahn des Planeten Neptun vermutet wird. Der Planet wurde bisher nicht direkt beobachtet. Seine hypothetische Existenz soll eine von Astronomen festgestellte statistische Auffälligkeit bezüglich der Bahnelemente einer bestimmten Gruppe transneptunischer Objekte erklären. Sie alle haben Umlaufbahnen, deren Apsidenlinien (Verbindungslinien zwischen sonnennächstem und sonnenfernstem Punkt) in ähnliche Richtungen zeigen, sowie Inklinationen (Bahnneigung gegen die Ekliptikebene) zwischen +11 und +30 Grad. Ohne den postulierten Planeten sollten Jupiter und Saturn eine breitere Verteilung der Apsidenlinien sowie der Inklinationen bewirken.

Anfang 2016 waren mehrere solcher Objekte entdeckt:

  • Sedna, ein großes transneptunisches Objekt (TNO) jenseits des Kuipergürtels), es gehört aufgrund seiner Größe und Masse höchstwahrscheinlich zu den Zwergplaneten. Die 1Bahnexzentrizität seiner Bahn beträgt 0,859, wobei diese 11,9° gegen die 2Ekliptik geneigt ist.
  • 2012 VP, transneptunisches Objekt mit einem Durchmesser von etwa 450 Kilometern und einer Entfernung von 80,5 astronomischen Einheiten (AE) bis 435 AE von der Sonne. Die Bahnexzentrizität seiner Bahn beträgt 0,688, wobei diese 24,1° gegen die Ekliptik geneigt ist.  Er hat mit 80,5 AE noch vor Sedna (76 AE) die größte Perihelentfernung aller bekannten Objekte im Sonnensystem.
  • Alicanto , ein Planetoid, der zur Gruppe der Kuipergürtel-Planetoiden gehört. Der Asteroid läuft auf einer hoch exzentrischen Bahn in etwa 5700 Jahren um die Sonne. Die Bahnexzentrizität seiner Bahn beträgt 0,85, wobei diese 25,6° gegen die Ekliptik geneigt ist
  • 2013 RF, gehört zur Gruppe der Kuipergürtel-Planetoiden gehört. Der Asteroid läuft auf einer hoch exzentrischen Bahn in über 6500 Jahren um die Sonne. Die Bahnexzentrizität seiner Bahn beträgt 0,90, wobei diese 29,58° gegen die Ekliptik geneigt ist.
  • 2010 GB, gehört ebenfalls zur Gruppe der Kuipergürtel-Planetoiden. Der Asteroid läuft auf einer hoch exzentrischen Bahn in über 6000 Jahren um die Sonne. Die Bahnexzentrizität seiner Bahn beträgt 0,86, wobei diese 21,6° gegen die Ekliptik geneigt ist

Astronomen und Astrophysiker vermuten, dass es noch zahlreiche weitere Zwergplaneten jenseits dieser Bahnen am Rande des Sonnensystems im Kuipergürtel und der „inneren“ Oortschen Wolke gibt und das aufgrund der exzentrischen Umlaufbahnen diverser solcher transneptunischer Objekte die Existenz eines neunten Planeten jenseits des Planeten Neptun möglich ist.

Der französische Astronom Jacques Laskar und weitere Mitarbeiter des Pariser Observatoriums kamen durch Auswertung der Daten der „Cassini“-Raumsonde, die bis zum April 2014 gesammelt wurden, zu dem Ergebnis, dass ein neunter Planet existieren könnte. Die Cassini“-Raumsonde ist ein unbemannter Raumflugkörper, der im Gegensatz zu Erdbeobachtungssatelliten und zu Weltraumteleskopen auf eine Reise zu einem oder mehreren Untersuchungsobjekten im Sonnensystem geschickt wurde. Im April 2017 durchquerte mit Cassini erstmals eine Raumsonde den Spalt zwischen dem Planeten Saturn und seinen innersten Ringen. Die Mission endete am 15. September 2017 mit dem geplanten Eintritt der Sonde in die Saturnatmosphäre, wo sie verglühte.

Der Astronom Michael E. Brown vermutet bereits seit 2012 einen großen Planeten, der die Umlaufbahnen transneptunischer Objekte beeinflusse. Brown geht davon aus, dass es sich bei dem vermuteten Planeten um einen Eisriesen mit etwa 10 Erdmassen) handelt, der demnächst entdeckt werde. Die Analyse der Bahndaten von 2012 VPveranlassten auch die Astronomen Chad Trujillo und Scott S. Sheppard im Jahr 2014 dazu, einen weiteren Planeten, der größer als die Erde sein sollte, in einer weit entfernten Umlaufbahn zu postulieren. Im selben Jahr bestätigten Astronomen der Universität Complutense Madrid, dass die Erklärung der vorliegenden Umlaufbahnen der transneptunischen Objekte zumindest auf die Existenz von zwei weiteren transneptunische Planeten hindeuten könnte. Die Astronomen Konstantin Batygin und Michael E. Brown vom California Institute of Technology (Caltech), überprüften diese Daten und verkündeten im Jahr 2016, dass sie mit mathematischen Modellierungen und Computersimulationen des neunten Planeten, die Besonderheiten der Umlaufbahnen erklären könnten, und konnten mögliche Bahnelemente des Planeten sowie seine Masse eingrenzen. Auf Grundlage des Modells von Batygin und Brown muss die Umlaufbahn des vermuteten Planeten vollständig außerhalb der Bahn des Neptun liegen, dem derzeit äußersten nachgewiesenen Planeten im Sonnensystem. Aus Gründen, die in der Dynamik des Sonnensystems liegen, ist eine große Halbachse der Umlaufbahn zwischen 400 und 1500 AE möglich, bei einer Bahnexzentrizität von 0,5 bis etwa 0,8. Es wird mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen, dass ein Planet in diesem Entfernungsbereich zur Sonne nicht entstanden sein kann, sondern erst nach seiner Entstehung als Einfang eines außerhalb des Sonnensystems entstandenen Objektes planetarer Masse in eine solche Umlaufbahn gelangt sein kann. Solche  freifliegenden bzw. vagabundierenden Planeten lassen sich keinem Sternsystem zuordnen. Sie wurden entweder aus dem Planetensystem, in dem sie entstanden, herausgeschleudert oder waren nie gravitativ an einen Stern oder Braunen Zwerg gebunden. Sie sind kleiner als 3Braune Zwerge, d. h. weniger als etwa 13 Jupitermassen, aber  größer als Kleinkörper (Asteroiden und Kometen). Häufig auch wesentlich größer als die Massen der traditionellen Planeten des Sonnensystems. Freifliegende Planeten sind vergleichsweise schwer zu finden, da sie im sichtbaren Licht nicht leuchten, nicht nennenswert das Licht eines Sterns reflektieren und auch nicht durch ihren Einfluss auf einen Stern zu entdecken sind. Mit Infrarotteleskopen konnten jedoch aufgrund ihrer eigenen Wärmeemissionen einige solcher Objekte in der Galaxis nachgewiesen werden. Heute gehen Astronomen davon aus, dass in der Milchstraße beinahe doppelt so viele freifliegende Planeten wie Sterne existieren,also bei geschätzt 100–300 Milliarden Sternen um die 400 Milliarden freifliegende Planeten.

Die Existenz von Planet Neun muss noch durch direkte Beobachtung bestätigt werden. Laut dem Astronomen Michael E. Brown liegt aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Planet existiert, bei über 90 %, und seine scheinbare Helligkeit könne groß genug sein, um den Körper mit den zum Aussagezeitpunkt (Januar 2016) empfindlichsten Teleskopen entdecken zu können. Das Subaru-Teleskop auf Hawaii hat die Suche nach Planet Neun bereits aufgenommen.

Eine im September 2019 erschienene Arbeit diskutiert auch die Möglichkeit, dass das Objekt ein vom Sonnensystem eingefangenes primordiales Schwarzes Loch sein könnte.

Abzugrenzen von der Statistik der transneptunischen Objekte sind Hinweise auf unentdeckte Planeten der Sonne. So etwa Amphitrite ein hypothetischer neunter Planet des frühen Sonnensystems, der im Laufe der Migration von Uranus und Neptun mit einem von diesen kollidiert sein soll. Oder Tyche, ein hypothetischer Planet (Gasriese, Eisriese) im Sonnensystem in der Oortschen Wolke in einer Entfernung zur Sonne im Bereich 10.000–40.000 AE.

Ebenfalls abzugrenzen sind die transneptunischen Objekte von der sogenannten Nibiru-Theorie.

Seit 2006 zählt das Sonnensystem offiziell nur noch acht Planeten, nachdem Pluto seinen Planetenstatus verloren hat. Doch jetzt erhärtet sich die Vermutung, das nicht nur ein, sondern gleich zwei bisher unentdeckte Planeten in den äußeren Regionen des Sonnensystems existieren. Ein Forschungsteam der Princeton University unter der Leitung von Amir Siraj hat ungewöhnliche Abweichungen bei den Umlaufbahnen von Objekten im Kuiper-Gürtel festgestellt. Diese Region befindet sich weit außerhalb der bekannten Planetenbahnen. Die Beobachtungen deuten auf einen bisher unbekannten Himmelskörper hin. „Wenn diese Verzerrung real ist, ist die einfachste Erklärung ein bisher unentdeckter geneigter Planet“, erklärt Siraj der Zeitung New Scientist. Der bisher nur hypothetische Himmelskörper, vorläufig als „Planet Y“ bezeichnet, unterscheidet sich aber deutlich von dem bereits seit Jahren gesuchten „Planet 9“. Während letzterer vermutlich zehnmal massereicher als die Erde ist und sich mindestens 300 Mal weiter von der Sonne entfernt befindet als die Erde, wäre „Planet Y“ deutlich kleiner – größer als Merkur, aber kleiner als die Erde.


1Exzentrizität:  ist in der Astronomie eine charakteristische Größe für die Bahn eines Himmelskörpers; sie ist eines seiner Bahnelemente. Als Bahnelemente werden die Parameter bezeichnet, die die Bahn und die Bewegung eines astronomischen Objekts beschreiben, das den Keplerschen Gesetzen im Schwerefeld eines Himmelskörpers gehorcht. Nach dem Ersten Keplerschen Gesetz (Ellipsensatz), bewegen sich Planeten in elliptischen Bahnen um die Sonne. Diese steht in einem der Brennpunkte der Ellipsenbahn.  Exzentrizität wird dabei als eine auf ein anderes Bahnelement bezogene Größe, also als numerische Exzentrizität gebraucht. Die Bedeutung der numerischen Exzentrizität ergibt sich aus dem Umstand, dass Ellipsen genau dann ähnlich sind, wenn sie dieselbe numerische Exzentrizität aufweisen. In der Astronomie wird meist nur die numerische Exzentrizität verwendet und einfach Exzentrizität genannt, dabei aber abweichend von der Notation in der Mathematik oft mit e  bezeichnet.

2Ekliptik ist die scheinbare Bahn der Sonne am Fixsternhimmel, wie sie von der Erde aus im Laufe eines Jahres gesehen wird. Die tatsächliche Erdbahn um die Sonne liegt in der Ekliptikebene. Planeten halten sich in der Nähe der Eliptik auf. Mond und alle Planeten liegen bis auf wenige Grad Abweichung in dieser Ebene. Auf der Himmelskugel ist die Ekliptik ein Großkreis.

3Braune Zwerge nehmen eine Sonderstellung zwischen Sternen und Planeten ein. Ihre Massen sind weniger als 75 Jupitermassen und reichen daher nicht aus, um wie in den leichtesten Sternen, den Roten Zwergen, eine Wasserstofffusion in ihrem Inneren in Gang zu setzen. Andererseits sind sie mit mindestens 13 Jupitermassen (d. h. massereicher als planetare Gasriesen) schwer genug für den Beginn der Deuteriumfusion. Damit wird die Kernfusion von Deuterium-Kernen mit Protonen oder anderen Deuterium-Kernen bezeichnet. Zu Beginn der Sternentwicklung (Protosterne) und in Braunen Zwergen ist sie die einzig mögliche Fusionsreaktion.