Die Sprache der Tiere

Die Forschung konzentriert sich intensiv darauf, die Sprache der Tiere zu entschlüsseln und mit technischen Hilfsmitteln den Menschen in die Lage zu versetzen, mit Tieren zu kommunizieren. Nutzen Tiere ein Vokabular und eine Art Syntax? Wie verhält es sich mit dem Spracherwerb und der Sprachentwicklung? Gibt es Parallelen zur menschlichen Sprache? Die Antworten sind teilweise noch unbekannt.

Folgende Tierarten sind zu einer komplexen stimmlichen Nachahmung in der Lage, sodass man ihr Kommunikationsverhalten am ehesten als Sprache bezeichnen kann:

  • Delfine
  • Wale
  • Robben/Seelöwen
  • Fledermäuse
  • Elefanten
  • Papageien
  • Singvögel
  • Kolibris

Beobachtungen zum Kommunikations- und Lernverhalten von Delfinen legzen  den Schluss nahe, dass die Meeressäuger eine mit Menschen mindestens vergleichbare (wenn nicht gar überlegene) Intelligenz besitzen. Ihr akustisches Nervensystem ist zehnmal leistungsfähiger als das des Menschen. Die Kommunikation  der  Delfine untereinander erfolgt über Pfeiflaute. Die Pfeiflaute konnten bisher aber nicht vollständig entschlüsselt werden.

Die Kommunikation unter Tieren kann durch akustische, chemische oder visuelle Signale erfolgen, bei einigen Tierarten aber auch durch elektrische Signale (Bioelektrizität).  Als besonders kommunikationsfreudig und zugleich äußerst lernfähig sind die Delfine, Primaten und die Papageien, aber auch Haustiere wie Hunde und Kaninchen.

Eine häufige vorkommende Variante der Bioelektrizität ist die Elektrische Orientierung. Einige Tiere, z. B. viele Knochenfische  wie etwa Haie, haben die Fähigkeit zur passiven elektrischen Orientierung und können mit ihren Elektrorezeptoren Beute, Feinde und das Erdmagnetfeld feststellen. Andere wiederum, z. B. Zitterrochen können mithilfe elektrischer Organe schwache oder starke elektrische Ladungen erzeugen und an ihre Umgebung abgeben. Zur Orientierung werden in diesem Fall elektrische Felder erzeugt und empfangen. Solcherart aktiv erzeugte Elektrizität kann auch zur Jagd, zur Verteidigung oder zur innerartlichen Kommunikation eingesetzt werden.

Auch Biolumineszenz wird als Kommunikationsmittel genutzt. So nutzen z. B. Glühwürmchen ihr natürliches Leuchten im Flug zur Kommunikation, um etwa Partner oder Beute anzulocken oder Fressfeinde abzuwehren.  Die Lichtsignale entstehen am Hinterleib der Käfer. Jedes einzelne Glühwürmchen aus hunderten Arten hat sein eigenes Lichtsignal und kann nicht nur leuchten, sondern ihr Licht auch gezielt an- und abschalten. Das Licht entsteht durch Reaktion von Luciferin unter Anwesenheit des Katalysator-Enzyms Luciferase mit ATP und Sauerstoff (Oxidation). Die dabei freigesetzte Energie wird in Form von Licht und als Wärme abgegeben. Unterschieden wird bei der Biolumineszenz zwischen primärem und sekundärem Leuchten. Den Regelfall stellt das primäre Leuchten dar, bei dem ein Tier zum Selbstleuchten in der Lage ist. Entsteht das Leuchten stattdessen durch symbiontische Bakterien, wie z. B. von Fischen bekannt, spricht man vom sekundären Leuchten.

Tiere (mehrere Stämme)primäres Leuchten (bei Wirbeltieren nur sekundäres Leuchten)
Pilze (wenige Arten)primäres Leuchten
höhere Pflanzenkein Leuchten
Einzeller (einige)primäres Leuchten
Bakterien (wenige)primäres Leuchten

Besonders verbreitet ist die Biolumineszenz unter Meeresbewohnern, vor allem in der Tiefsee (bis zu 90 Prozent der Tiefseeorganismen), aber auch in Küstengewässern (etwa fünf Prozent). Dazu zählen u. a. verschiedene Weichtiere (Mollusca) wie der Vampirtintenfisch, die Wunderlampen und andere Kalmare, Leuchtgarnelen oder  Leuchtquallen.

Auch eine Kommunikation über Gebärden (zum Beispiel bei Affen) und ritualisierte Formen wie etwa die Tanzsprache der Honigbienen sind bekannt. Etwa 5 % der Flugbienen sind so genannte Kundschafterinnen. Diese haben die Aufgabe, in unbekannten Gebieten nach neuen Nahrungsquellen zu suchen. Je nach Entfernung der Futter- oder Rohstoffquellen wird ein Fund durch verschiedene Tänze angegeben. Für Quellen in der näheren Stockumgebung (bis ca. 100 m) findet hauptsächlich der Rundtanz Anwendung, für alle weiter entfernt liegenden Quellen verwenden die Bienen den Schwänzeltanz. Die Tänze geben immer nur ein (jedoch recht genaues) Zielgebiet an, in dem sich die Bienen, sobald sie es erreicht haben, hauptsächlich an Gerüchen orientieren. Auch beim Schwärmen spielt das Vortanzen zum Finden und Auswählen eines geeigneten neuen Nistplatzes eine entscheidende Rolle. Wenn sich ein Bienenvolk vermehren will, entsteht ein Bienenschwarm. Tiere benutzen zur Verständigung vielfach Laute, zum Beispiel als Erkennungszeichen bei der Paarung, zur Verteidigung ihres Reviers oder zur Orientierung. Aus diesem Grund röhrt der Hirsch zur Brunftzeit und quakt der Frosch im Gartenteich. Wahre Meister in Sachen Klangsprache sind die Vögel. Vor allem die Männchen sind wahre Gesangsvirtuosen. Einige Vögel, darunter viele Rabenarten, können darüber hinaus die Stimmen anderer Tiere und des Menschen nachahmen.

Noch wichtiger als die Kommunikation mithilfe von Lauten sind die Mitteilungen, die Tiere über mimische und gestische Signale machen. Dabei spielen Gesichtsausdrücke ebenso eine Rolle wie die Körperhaltung. Hunde z. B. interpretieren menschliche Gesten und Gesichtszüge. Eine andere Möglichkeit sich zu verständigen, sind chemische Signale. Tiere nutzen sogenannte Pheromone, um miteinander zu kommunizieren. Die chemischen Signale können ein breites Spektrum an Informationen, z. B. zur Paarung, zur Reviermarkierung, zur Alarmierung und zur sozialen Organisation vermitteln. Um ihren Artgenossen den Weg zu einer Futterquelle zu weisen, legen Ameisen eine Duftspur zwischen Nest und Zielgebiet, der die anderen Tiere dann folgen können. Bananenschnecken etwa  nutzen ihren Schleim, um über darin enthaltene Pheromone miteinander zu kommunizieren.

Die olfaktorische Wahrnehmung oder Riechwahrnehmung, ist eine Form der Chemorezeption, der Wahrnehmung von Geruchsstoffen dient. Nicht nur die Fähigkeit, Gerüche zu riechen sondern auch zu interpretieren.  Der Geruchssinn ist der komplexeste chemische Sinn. Die olfaktorische Wahrnehmung  spielt eine wesentliche Rolle beim Sozialverhalten wie für das Paarungsverhalten. So wird die Geschlechtsreife von weiblichen Tieren den männlichen Artgenossen durch Pheromone signalisiert (Sexuallockstoffe). Daneben dienen Duftstoffe auch der räumlichen Orientierung. Viele Tiere setzen Duftmarken, um ein Revier abzugrenzen. Die durch den Geruchssinn   wahrgenommenen Riech- oder Duftstoffe dienen desweiteren zur Identifizierung von Nahrung, von Verdorbenem (Fäulnis) oder von Verwestem (Aasgeruch), zur Unterscheidung des eigenen Körpergeruchs von dem der vertrauten Gruppenmitglieder (Stallgeruch) und von dem fremder Artgenossen sowie von dem anderer Arten, der Warnung vor Feinden (Prädator) beziehungsweise der Vermutung von Beute (Beutetier). Auch Pflanzen benutzen chemische Signalstoffe. So emittieren die Blüten vieler Pflanzen duftende Stoffe, welche Insekten anlocken, die sie nur bestäuben (Allomon) oder nur Nektar sammeln (Kairomon) oder beides vollführen (Synomon). Einige Tiere verstehen sich nicht nur untereinander und sprechen mit Artgenossen, sie begreifen auch in Teilen die menschliche Sprache. Hunde können je nach Rasse unterschiedlich viele Worte verstehen. Etwa 50 Worte schafft jedes Tier, einige bringen es sogar auf einige hundert. Auch Affen, z. B. Orang Utans begreifen die menschliche Sprache. Mithilfe von Zeichensprache oder einem Computer-Touchscreen können sie lernen, mit Menschen zu kommunizieren.

 Top Ten der außergewöhnlichen Sinne

Bienen und Hummeln können UV-Licht sehen. Bienen z. B. haben vier Farbrezeptoren, die auf bestimmte Wellenlängen im UV-Bereich reagieren, während Menschen nur drei Farbrezeptoren für Rot, Grün und Blau haben. Viele Pflanzen zeigen Muster und Farbvarianten, die aber nur im UV- Wellenlängenbereich sichtbar sind – zusätzliche Informationen für ihre Bestäuber. Eine  ähnliche Funktion wie die UV-Wahrnehmung hat der Sinn für polarisiertes Licht. Insektenaugen sind für polarisiertes Licht ideal eingerichtet. In ihren Facettenaugen liegt das lichtempfindliche Molekül Rhodopsin streng parallel zur optischen Achse der Sinneszelle. Das Molekül absorbiert Licht am besten, wenn es genau senkrecht zu seiner Dipolachse polarisiert ist, so dass jede Sinneszelle eine bestimmte Polarisationsrichtung bevorzugt wahrnimmt. Mit Hilfe dieser Fähigkeit finden zum Beispiel Ameisen und Bienen schnell nach Hause zurück, indem sie sich am Polarisationsmuster des Himmels orientieren. Aber auch viele andere Tiere sehen polarisiertes Licht, so zum Beispiel Oktopoden. Und einige Spinnen haben sogar spezielle Augen dafür entwickelt.
Die Venusfliegenfalle mit ihren zuschnappenden Fangblättern hat einen hoch entwickelten Tastsinn. Ein effiziente Sinneswahrnehmung, ohne die sie ihre Beute nicht so präzise erlegen könnte. Alle höheren Pflanzen besitzen so genannte Mechanorezeptoren, Sinneszellen für Berührungen, auch wenn nur wenige von ihnen den Sinn so aktiv einsetzen wie die Venusfliegenfalle. Wie dieser Tastsinn im Detail funktioniert, ist noch ein Rätsel. Es wird aber vermutet das Kalziumkanäle eine Rolle spielen, denn die Konzentration des Ions in Pflanzenzellen steigt nach einem Berührungsreiz an. In Pflanzen wie der Venusfliegenfalle entsteht so ein Aktionspotenzial, das sich mit zehn Metern pro Sekunde fortpflanzt – nur ein Zehntel der Geschwindigkeit, die Aktionspotenziale in myelinisierten Neuronen erreichen, aber immerhin schneller als in marklosen Nervenzellen der Tiere. 
Die Barteln von Plotosus japonicus nehmen kleinste Veränderungen des pH-Wertes im Meerwasser wahr: Atmet ein Lebewesen, fällt der pH-Wert in der Umgebung um bis zu 0,1 ab. Die Welse können so auch im Dunkeln Beute ausfindig machen.  Die Fische fressen vor allem Borstenwürmer, die in u-förmigen Röhren im Meeresgrund leben.  Beim Atmen stoßen die Borstenwürmer positiv geladene Wasserstoffionen und Kohlendioxid aus und verändern so den pH-Wert des Wassers in ihrer direkten Umgebung. Am sensibelsten reagieren die Korallenwelse bei einem pH-Wert von 8,1 bis 8,2. Sinkt der Wert unter 8,0, verschlechtert sich die Wahrnehmung erheblich. 
Etwa die Hälfte aller Fledermaus- und Flughundarten verwenden die Echoortung, um Beute oder den Weg zum Schlafplatz zu finden: Sie senden Ultraschallpulse aus und setzen aus den Echos ein dreidimensionales Bild ihrer Umgebung zusammen. Die meisten Arten erzeugen die Laute mit dem Kehlkopf, während einige andere mit der Zunge klicken. Auch die Ohren der Fledermäuse sind speziell geformt, um den Schall möglichst effektiv einzufangen. Ihr Hörsystem ist so sensibel, dass die Tiere noch Frequenzunterschiede von zehntausendstel Kilohertz wahrnehmen. 
Lachse haben einen erstaunlichen Geruchssinn. Die Fische werden in einem Fluss geboren, wandern aber für ihr mehrere Jahre dauerndes Erwachsenenleben ins Meer und schwimmen dort tausende Kilometer umher. Am Ende ihres Lebens jedoch zieht es sie zum Laichen zurück in den Oberlauf ihren Heimatflusses, den sie auch zuverlässig wiederfinden. Bei diesen Wanderungen erklimmen sie sogar Wasserfälle. 1954 wiesen Forscher nach, dass es der Geruchssinn ist, mit dem die Fische das heimatliche Wasser unter den Wässern Tausender anderer Flüsse und Ströme erspüren. Das Wasser strömt in die vordere Öffnung der so genannten Riechgruben (= Geruchsorgane der Fische) hinein, fließt über eine Riechschleimhaut, die mit Geruchsrezeptoren ausgestattet ist. Dann verlässt es die Grube durch eine hintere Öffnung. Die Reize werden ans Gehirn weitergeleitet und dort als Gerüche verarbeitet. Diese kontinuierliche Wasserzirkulation ermöglicht es den Fischen, unterschiedliche Gerüche wahrzunehmen, auch wenn diese im Wasser nur in geringster Konzentration enthalten sind.  Dieser besondere Geruchssinn und ein Gedächtnis für den spezifischen Geruch ihres Heimatflusses ermöglicht es den Fischen hren Geburtsort wieder zu finden, um dort zu laichen.
Die Wurzelspitzen sind möglicherweise das sensibelste Sinnesorgan der Pflanzen. Mit ihnen können die Organismen nicht nur fremde Arten von der eigenen unterscheiden, sondern auch enge Verwandte erkennen – woraufhin sie auf aggressives Konkurrenzverhalten verzichten – und sogar eigene Wurzeln von denen genetisch identischer Individuen unterscheiden. Diese Fähigkeit beruht mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf, bestimmte von den Wurzeln abgegebene Substanzen zu erkennen.  Wurzeln geben einen komplexen Cocktail chemischer Substanzen an die Umgebung ab, die sie mit Hilfe aktiver Transporter aus ihrem Gewebe herauspumpen. Dieser Cocktail zeigt ihnen, ob sie es mit fremden oder verwandten Individuen der gleichen Art oder gar mit einer ganz anderen Art zu tun haben.
Mit dem so genannten Seitenlinienorgan nehmen Fische und Amphibien Bewegungen, Vibrationen und Druckänderungen im Wasser wahr. Das Seitenlinienorgan liegt unter der Haut und erstreckt sich entlang der Körperlänge. Es hat an der Oberfläche Hautporen, die zu einem mit einer gelartigen Masse gefüllten Schlauch in der Haut führen. Eingebettet in das Gel liegen die Sinneshärchen der eigentlichen Sinneszellen. Druckwellen verformen das Gel, und das lenkt wiederum die Sinneshärchen aus. Mit dem Seitenlinienorgan koordinieren z. B. Schwarmfische  ihre Bewegungen: Ändert ein Fisch die Richtung, bemerken die Nachbarfische die Druckänderung und richten sich entsprechend aus. 
Der Magnetsinn von Vögeln und Schildkröten basiert unter anderem darauf, dass sie das Magnetfeld der Erde  auch bei bewölktem Himmel wahrnehmen können. Dieser Sinn wird durch das Erdmagnetfeld ausgelöst und vermutlich in den Augen der Vögel wahrgenommen, insbesondere durch ein licht- und magnetempfindliches Protein namens Cryptochrom 4 (CRY4) in der Netzhaut. Die Cryptochrome von Zugvögeln reagieren dabei deutlich stärker auf Magnetfelder als die von Tauben und Hühnern, die beide nicht über sehr große Distanzen wandern. Meeresschildkröten z. B. nehmen die Intensität und den Neigungswinkel der magnetischen Feldlinien wahr und können sich daran auf ihren langen Wanderungen durch den Ozean orientieren.
Wahrscheinlich das seltsamste Sinnesorgan der Welt ist die Schnauze des Sternmulls. Auf ihr sind elf Paare flexibler Taster sternförmig angeordnet, mit denen das kuriose Tier seine Umgebung erfühlt. Zehn der ständig in Bewegung befindlichen Tasterpaare sind außen angeordnet, während das elfte Paar zentral sitzt und noch empfindlicher ist als der Rest.  Die Tasterpaare besitzen auf einer Fläche kleiner als eine menschliche Fingerspitze 25 000 berührungsempfindliche Papillen, die so genannten Eimerschen Organe. Damit können sie auch im Dunkeln ihre Umgebung wahrnehmen und navigieren. Der Sternmull ist außerdem eines der zwei bekannten Tiere der Welt, die unter Wasser riechen können: er stößt Luftbläschen aus und saugt sie dann wieder in seine Nase ein. Wenn der Sternmull ein Beutetier ertastet, bewegt er diese zentralen Tentakel an den Ort des Geschehens und betastet mit ihnen die potenzielle Nahrung, bevor er sie verschlingt. Auf jeden Fall gilt der Sternmull als schnellster bekannter Esser: Innerhalb von nur 8 Millisekunden entscheidet das Tier, ob etwas essbar ist. Wenn ja, ist das Futter in 120 bis 200 Millisekunden verschlungen.