Die Tanganjika-Lachepidemie

Die Tanganjika-Lachepidemie war eine 1962 in Tanganjika (heute Teil von Tansania) aufgetretene Epidemie von Lachanfällen, die mehrere Monate andauerte und etwa 1000 meist junge Personen betraf. Es handelte sich dabei wahrscheinlich um eine Art 1Massenhysterie. Am 30. Januar 1962 brachen drei Schülerinnen einer Mädchenschule in Kashasha am Westufer des Victoriasees in Lachen aus, ohne damit wieder aufhören zu können. Innerhalb kurzer Zeit wurden 95 der 159 Schüler im Alter von 12 bis 18 Jahren davon angesteckt, sodass die Schule am 18. März geschlossen werden musste, da ein regulärer Betrieb nicht aufrechterhalten werden konnte. Als die Schule am 21. Mai wieder öffnete, waren noch immer 57 Schüler – aber kein Lehrer – betroffen, was zur erneuten Schließung Ende Juni führte. Die zwischenzeitlich nach Hause geschickten Schüler sorgten für eine weitere Verbreitung der Lachanfälle. Zehn Tage nach der ersten Schließung der Schule in Kashasha kam die Epidemie auch im etwa 90 Kilometer entfernten Nshamba an, wo sich mehr als 200 weitere Personen ansteckten, mehrheitlich Schüler. In der Regionshauptstadt Bukoba waren 48 von 154 Schülern betroffen, was ebenfalls zur Schließung einer Schule vom 10. bis zum 18. Juni führte. Von dort breiteten sich die Lachanfälle ins 35 Kilometer entfernte Kanyangereka aus, wo zwei Schulen für Jungen geschlossen werden mussten.

Auch in Mbarara im benachbarten Uganda gab es im Februar des Jahres einen Ausbruch der Epidemie.

In einem Zeitraum von sechs Monaten bis anderthalb bzw. zwei Jahren breiteten sich die Lachanfälle in der gesamten Region aus und betrafen etwa 1000 Personen, bevor das Phänomen allmählich wieder abklang

Die Lachattacken, die sich teils mit Weinen, Schreien oder starken Angstzuständen abwechselten, dauerten von wenigen Minuten bis hin zu einigen Stunden. Nach einer Pause konnten sie neu beginnen. Teilweise waren sie von Gewaltausbrüchen begleitet. Dies konnte bis zu 16 Tage lang andauern. Die Betroffenen, hauptsächlich Mädchen und junge Frauen, zeigten dabei Symptome von Angst, Schmerz sowie Ohnmachtsgefühlen und hatten Atemprobleme. Geweitete Pupillen wurden bei den Betroffenen ebenfalls festgestellt. Erwachsene waren selten, Gebildete gar nicht betroffen. Es gab keine Todesfälle. Die Betroffenen wurden nach möglichen Auslösern für die Epidemie untersucht. Blutuntersuchungen nach biochemischen oder bakteriologischen Ursachen brachten kein Ergebnis. Der Verdacht auf eine toxische Substanz in der Nahrung erwies sich als nicht zutreffend. Zudem fand die Ansteckung von einer Person auf die andere statt und ähnelte daher eher einer Virusinfektion. Die Lachattacken bleiben ein Rätsel.

Ein ähnliches Phänomen war die 1983 im Westjordanland aufgetretene Arjenyattah-Epidemie, deren Ursache eine Massenhysterie war.  Am 21. März 1983 um etwa 8:00 Uhr Ortszeit klagte eine 17-jährige palästinensische Schülerin in einer Schule in Arraba im Westjordanland über Atemnot und Schwindel. In den nächsten beiden Stunden entwickelten sechs weitere Schülerinnen ähnliche Symptome. Während  die örtliche Gesundheitsbehörde noch nach den Ursachen forschte, traten bei weiteren 17 Schülerinnen die beschriebenen Symptome auf, woraufhin um 11:00 Uhr die Schule geschlossen wurde. 60 Schüler wurden am Tag danach ins örtliche Krankenhaus eingeliefert. Eine zweite Welle mit 367 Betroffenen brach am 26. bis 28. März des gleichen Jahres in Dschenin und einigen umliegenden Dörfern aus. Auch hier zeigten zunächst im Wesentlichen Schülerinnen die zuvor aus Arraba beschriebenen Symptome. Unter den neu hinzugekommenen Fällen waren alle Altersklassen und beide Geschlechter vertreten, darunter vier israelische Soldaten. In Hebron und Yatta, im südlichen Westjordanland, begann am 3. April 1983 die dritte Welle der Epidemie, was zu einer Schließung aller Schulen im Westjordanland führte. Von den insgesamt 949 betroffenen Personen waren 727 (77 Prozent) weibliche Teenager im Alter von 12 bis 17 Jahren. Die Patienten klagten im Wesentlichen über Kopfschmerzen, Schwindel, Nephelopsie (Nebelsehen), Bauchschmerzen, Myalgie (Muskelschmerz) und Ohnmacht. Die Symptome konnten weder durch körperliche Anzeichen noch durch labordiagnostische Methoden bestätigt werden. In Blut und Urin der Betroffenen konnten keine Toxine nachgewiesen werden. Auch Umweltgifte konnten nicht festgestellt werden. Nachdem weder Vergiftungen noch Umweltschädigungen nachgewiesen werden konnten, endete die Epidemie unvermittelt nach zwei Wochen. Die Ursache der Epidemie war pathogenetisch betrachtet eine vorübergehende psychische Störung. Wahrscheinlich ausgelöst durch die öffentliche Aufmerksamkeit der Massenmedien. Noch bevor offizielle Untersuchungsergebnisse vorlagen, kam in dem von Israel besetzten Westjordanland das Gerücht auf, dass ein von der Besatzungsmacht eingesetztes schwefelhaltiges Giftgas die Ursache für die Epidemie sei. Dafür gab es jedoch keinerlei Beweise.  Kurz vor der zweiten Epidemiewelle wurden in Dschenin aber Flugblätter verteilt, in denen die dortigen Schülerinnen zum „Kampf gegen die Besatzer“ und zur „Erfüllung der nationalen Pflicht“ aufgerufen wurden. Die Epidemie wurde daher schlussendlich als Massenhysterie angesehen.

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1Massenhysterie bezeichnet eine gemeinsame starke emotionale Erregung in großen Menschenmengen, die durch einen äußeren Anlass hervorgerufen wird. Beispiele sind Popkonzerte, Sportgroßveranstaltung. Die Symptome sind vorübergehend, harmlos und umfassen typischerweise Schwindel, Kopfschmerzen, Ohnmacht und Hyperventilation.