Der Schatz des La Buse

La Reunion

Mit bürgerlichem Namen Olivier Le Vasseur, war La Buse  ein französischer Pirat, der um das Jahr 1720 die karibische See Richtung indischer Ozean verlassen hatte, da die französische und die britische Marine in der Karibik mit vereinten Kräften Jagd auf Piraten machten. Am 26. April 1720 legte im Indischen Ozean im Hafen von Saint-Denis auf der französischen Insel Bourbon (heute: La Réunion) das portugiesische Schiff „Nossa Senhora do Cabo e São Pedro“, das in einem Sturm beschädigt worden war, zur Reparatur an. Geladen hatte es Diamanten, kostbaren Schmuck, Silber- und Goldbarren, Perlen, Gewürze und Edelsteine. Unter der Ladung soll sich auch das sogenannte „Goldene Kreuz von Goa“ befunden haben, das über hundert Kilogramm wog und aus reinstem Gold bestand. Zu den Passagieren des Schiffs zählten der Vize-König von Portugiesisch-Indien, der Erzbischof von Goa und mehrere Adelige. Am selben Tag im Jahr 1720 erreichen Le Vasseur und der mit ihm zu diesem Zeitpunkt verbündete Pirat John Taylor die Bucht von Saint-Denis und erspähten das Schiff. Während an der „Nossa Senhora do Cabo e São Pedro“ noch die Reparaturarbeiten durchgeführt wurden, überwältigten Taylor und Le Vasseur die Besatzung und kaperten das manövrierunfähige Schiff.Der Schatz von Le Vasseur, insbesondere die wertvolle Ladung der Nossa Senhora do Cabo e São Pedro wurde nie gefunden.

Historiker vermuten diesen Schatz sowohl auf der Insel La Réunion, auf Mauritius und auf der madagassischen Insel Sainte Marie, überwiegend jedoch auf den Seychellen. Auf diesem bis seiner französischen Besiedelung im Jahr 1770 unbewohnten Archipel, soll eines der Rückzugsgebiete des Piraten gewesen sein. Um das Jahr 1729 wurde Le Vasseur auf der Insel Madagaskar gefangen genommen und in Ketten nach La Reunion überführt. Dort wurde ihm der Prozess gemacht und er wurde zum Tod verurteilt. Kurz vor seinem Tod durch Erhängen in Saint Paul soll Le Vasseur ein Schriftstück in die Menge vor dem Schafott geworfen und gerufen haben „Mes trésors à qui saura comprendre“, mein Schatz demjenigen, der dies versteht“, Er bezog sich dabei auf ein Kryptogramm von 17 Linien, die auf ein Stück Pergament geschrieben waren.Die von La Buse benutzte Verschlüsselung beruht auf dem sogenannten Freimaurer-Alphabet, einer Substitutionschiffre, bei der jedem Buchstaben des Alphabets eine bestimmte Position in einem Quadrat mit 9 Feldern zugewiesen wird. Es wird vermutet, dass in dem Kryptogramm wichtige Landmarken verschlüsselt angegeben waren, die zum Schatz führen. Das Kryptogramm war dann für viele Jahre verschwunden. Erst im Jahr 1923 tauchte  Le Vasseurs Kryptogramm wieder auf. Ein Neffe einer gewissen Rose Savy von den Seychellen, hatte bei seinen Nachforschungen das Kryptogramm in einem Pariser Archiv wiederentdeckt. Rose Savy hatte auf ihrem Strandabschnitt von Bel Ombre auf der Insel Mahé im selben Jahr des Auffindens des Kryptogramms, seltsame Markierungen mit passenden Symbolen zum Kryptogramm an Felsen entdeckt. Die Markierungen waren während einer ungewöhnlich starken Ebbe sichtbar geworden. Aufgrund dieser Sachverhalte wurde vermutet, dass Le Vasseur seinen Schatz in einer Unterwasserhöhle am Strand so versteckt hatte, dass er nur bei einem gewissen Wasserstand gefunden werden konnte. Durch ein Interview des Milwaukee Journals vom 15. Juli 1934 ist belegt, das der damalige Konservateur der französischen Nationalbibliothek, Charles de la Roncière, mit der Prüfung des Kryptogramms beauftragt wurde, welches er auch auf das 17. Jahrhundert datierte, aber nicht entschlüsseln konnte. 1949 begann der englische Großwildjäger Reginald Herbert Cruise-Wilkins am Strand von Bel Ombre ebenfalls damit die Zeichen auf dem Kryptogramm zu studieren, um den Schatz zu finden. Er starb 1977 bevor er das letzte Stück Code entschlüsseln konnte und trotz aufwendiger Suchmethoden fand er außer einigen Münzen nichts Wertvolles. Auch spätere Schatzsucher die im Inland und im Wald der Insel Mahé suchten, konnten den Schatz nicht finden. Der Wert des Schatzes wird von Historikern auf einen heutigen Wert von bis zu 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Die Suche nach dem Schatz von Le Vasseur, hält bis heute an. Grabungen am Strand von Bel Ombre sind allerdings mittlerweile strikt untersagt. 

Ausschnitt aus der Originalkarte der Bourbon-Insel

Anmerkung des Autors: Als Schatzversteck kommen folgende Inseln infrage: Seychellen, Mauritius, Sainte Marie und La Reunion. Am wahrscheinlichsten erscheint La Reunion. Als Le Vasseur im Hafen von Saint-Denis die Nossa Senhora do Cabo kaperte, war das Schiff wegen eines beschädigten Mastes noch manövrierunfähig. Da es Le Vasseur eilig hatte nach St. Paul zu kommen (sein Verbündeter Taylor war bereits vorausgesegelt) segelte er hinterher und schleppte die Nossa Senhora do Cabo kurzerhand mit sich. Wenn man von der Theorie ausgeht, dass La Buse seinen Schatz auf dieser Fahrt versteckt hat, kommen nur wenige Ankerplätze infrage. Da die Küste zwischen St. Denis und St. Paul von zahlreichen Flachwasser- und Saumriffen gesäumt wird, kann man nicht einfach überall ankern. Ein perfekt geeigneter Ankerplatz ist die Bucht von Malheur (siehe Bild rechts). Dahinter liegt eine 5,6 km lange Schlucht, die vom Bach „Ravine à Malheur“ durchflossen wird. An seiner Mündung liegt die im Jahr 1834 gegründete Gemeinde La Possession. Die Bucht von Malheur war zu Zeiten Le Vasseurs mit Ausnahme einiger Plantagen weitestgehend menschenleer. Die Bucht ist nicht nur ein guter Ankerplatz, sondern Le Vasseur hätte dort auch seine Trinkwasservorräte auffüllen können. Das Hinterland der Bucht war auch ein ideales Schatzversteck. Besondere Aufmerksamkeit sollte man der Bucht und dem Hinterland auch deshalb widmen, weil nach seinem Prozess in der Hauptstadt St. Denis Le Vasseur seinen Bewachern gegenüber erwähnt haben soll: „avec ce que j’ai caché ici, je pourrais acheter toute cette île“, übersetzt: „mit dem was ich hier versteckt habe, könnte ich diese ganze Insel kaufen“. Meinte er mit „hier“die Bucht oder die Insel. Wohl eher die Bucht, denn diese Worte soll er beim Überschreiten der Brücke des Baches der „Ravine à Malheur“ gesagt haben.

Im englischsprachigen Wikipedia-Artikel über Le Vasseur ist außerdem von einem weiteren Piraten namens Bernardin Nageon de L’Estang die Rede, der einen Teil der verschollenen Beute besessen haben soll. Nageon de L’Estang soll außerdem drei verschlüsselte Texte hinterlassen haben.

Angebliches Kryptogramm von Olivier Le Vasseur (public domain)

Angebliches Kryptogramm von Olivier Le Vasseur

Aufbau des Kryptogramms: 522 Zeichen und eine Leer­stel­le am An­fang der sechs­ten Zeile, ins­ge­samt in 17 Zei­len an­ge­ord­net. Einschließlich der besonderen Zeichen: 2 Zahlen, 4 Sym­bole (Bedeutung von oben nach unten: Sichel, Halbmond, Gezeitenzeichen / Obelus, (Glyphe), rechter Winkel / Himmelrichtung, Süd, Fingerzeig / Vulkan, Vulkankrater, Bergspitze, Vollmond / Solidus (Glyphe), Nord) und 3 be­deut­sa­me Orien­tie­rungs­punkten= Triple-AAA-Gruppe, die ein Drei­eck (lat.: tri- + angulus) formt, mit drei Eck­punk­ten, Sei­ten und Win­keln, be­zeich­net als: A, ∧, ∢, △, in den Positionen 1,8 – 3,22 – 6,17).   Das Zei­chen an der Po­si­tion (14,26) offen­bart eine der vier Him­mels­rich­tun­gen,  es zeigt nach Süden. 

Mit dem Tod von La Buse begannen die Spekulationen, wo seine Schätze versteckt sein könnten. Infrage kamen alle Orte, an denen er sich des Öfteren regelmäßig aufgehalten hatte. Sein Schatz wurde z. B. auf der Kokosinsel vermutet.  La Buse hatte diese Insel mehrere Male angelaufen. Seit nunmehr fast einhundert Jahren haben sehr viele Schatzsucher und angesehene Fachleute auf dem Gebiet der Kryptographie ohne Erfolg versucht, das Kryptogramm von Olivier Levasseur zu entziffern. Nach herrschender Meinung der Kryptographen gilt die Entzifferung des Kryptogramms als unmöglich. Die Verschlüsselung soll 1947 jedoch von dem Engländer namens Reginald Cruise Wilkins angeblich gelöst worden sein.  Wilkins gelang es tatsächlich viele der unverständlichen Zeichen zu deuten.  Er fand heraus, das La Bus ein in dem Kryptogramm Peilungen und Kreuzungspunkte festgehalten hatte. Ausserdem konnte er eine Zahlenreihe und einen kompletten zusammenhängenden Satz entschlüsseln. Der Satz lautete: Fordere die Frau heraus, die im Wasser gefangen liegt. Damit war Andromeda gemeint, die in der griechischen Mytologie an einen Felsen im Meer gekettet war, um auf Perseus auf dem fliegenden Pfer Pegasus zu warten.  Auch weitere entschlüsselte Sätze bezogen sich auf die griechische Mytologie. Die von La Buse benutzte Verschlüsselung beruht auf dem sogenannten Freimaurer-Alphabet, einer Substitutionschiffre, bei der jedem Buchstaben des Alphabets eine bestimmte Position in einem Quadrat mit 9 Feldern zugewiesen wird. Jeder ein­zel­ne Buch­stabe wird dabei ein­deu­tig durch eines der im linken Bild auf­ge­führ­ten 26 Zei­chen dar­ge­stellt. 9 die­ser Zei­chen sind recht­wink­lig und 4 die­ser Zei­chen sind spitz­wink­lig. Jedes Zei­chen tritt in zwei Aus­prä­gun­gen auf, und zwar ge­punk­tet und ohne Punkt, er­gibt in Summe 26 ver­schie­de­ne Zei­chen.

vb

Der Klartext des Kryptogramms soll lauten:

EN PREMIER UNE PAIRE DE PITON TRISKÈLE. EN DEUXIÈME F[ORMEZ] UN[E] ESCORTE QUI SERAIT AU COEUR DE LA TÊTE DE CHEVAL. PRENEZ UN FILIN [FIL DE LIN] TÉNU ET UNE CUILLÈRE. [POUR] UNE FOIS VOUS FAITES UN ONGUENT DE MIEL [MIELLÉ, LIÉ AU MIEL] OU AUTRE [INGRÉDIENT]. METTEZ [À L’AIDE DE] CETTE PÂTE SUR LA PAROI. [SI] VOUS POUVEZ PRENEZ PLUS [MAIS TU NE PRENDRAIS PAS TOUT CELA]. [DEUX] LE[S] CASSE[S] SUR LE CHEMIN QU’IL[S] FAUT COULER ET NETTOYER À MOITIÉ. POUR REPÊCHER [REPÉRER] UNE FEMME MOUILLÉE [OU MOULÉE] OÙ VOUS NAVIRE [NEF, UN GRAND BATEAU À VOILES] A MOUILLÉ. LA BAGUE CACHÉE [OU BIEN LA BAGUE À CACHET] QUE [NOUS] AVONS SERRÉ POUR VOUS EST ENGRAVÉE ET ÉPINGLE [EN VUE DE FAIRE OU BIEN POUR PERCER ET PERCEVOIR LA VOIE] POUR LE TOUR DE L’OR SUR L’ÎLE. IL Y A […] OCULAIRE AVEC L’OEIL ET LE NEZ D’AVOIR PITIÉ D’UN CHIEN DE LA MER QU’N [QUI EST] DE BIEN TACHÉ SUR LE RU [OU BIEN LA RUE]. VOUS VOUS ENVOL[EZ] […] UNE FEMME [QUE TU] CONNUS ET REÇUS IL VEUT SE FAIRE […] D’UN HOMME [QUI EST] DÉTERRÉ DANS [LA POSITION, LA PLACE] D’OR MIRER. [APRÈS VOUS FALLEZ] IL FAUT [AU FUR ET À MESURE DU TRAVAIL] [SE] RENDRE ET RÉFUGIER CHEZ L’ILE. [FINALEMENT] UN[E] DIFFICULTÉ EST SURMONTÉE ET MAÎTRISÉE. Übersetzt:  [KONSTRUIERE] ALS ERSTES ZWEI [EIN PAAR] DREIECKE [MIT HILFE EINES LINEALS UND ZIRKELS] UND FINDE ZWEI [EIN PAAR] VULKANE UND VERBINDE [VEREINIGE] SIE IN EINER LINIE MIT EINEM DRITTEN VULKAN [VULKAN­INSEL] ZU EINER DREIER­GRUPPE [UND BEHALTE DREI SKELETTE IM GE­DÄCHT­NIS]. ZWEITENS BILDE EINE ESKORTE [BEWAFF­NE­TER TRUPP, GELEIT] DIE DICH BEGLEITEN WENN DU ZU EINER REISE AUFBRICHST [UND BEI EURER ANKUNFT] SOLL DIE BEGLEIT­MANN­SCHAFT IN DIE MITTE [IN RICHTUNG LANDZUNGE IN GESTALT] EINES PFERDE­KOPFES VORRÜCKEN [WELCHER EINEN AUFFALLENDEN TEIL DER INSEL BILDET]. NIMM [ERGREIFE] EINE DÜNNE LEINE [EINE LOTLEINE ZUR MESSUNG DER WASSERTIEFE, EINEN FADEN] UND BEFESTIGE EIN PASSENDES SENKBLEI [EIN LÖFFEL ODER ÄHNLICHES] AN DER SCHNUR. MISCHE [RÜHRE] EINMAL EINE SALBE AN DIE MIT HONIG ODER EINER ANDEREN ZUTAT ABGEBUNDEN IST. TRAGE DIE SALBE [PASTE] AUF DEN FELSEN [WAND, FELS­WAND] AUF. DU KANNST MEHR [VON DER SALBE] NEHMEN ABER DU SOLLTEST NICHT ALLES DAVON NEHMEN [WEIL DU SIE SPÄTER EINIGE  MALE AN UNTER­SCHIED­LICHEN ORTEN UND AUF ANDEREN FELSEN BRAUCHEN WIRST]. AUF HALBEM WEGE WIRST DU [ZWEI] SCHERBEN [TON­SCHERBEN, ZER­BROCHENES GESCHIRR] FINDEN DIE AUSGESPÜLT UND ABGE­WASCHEN WERDEN MÜSSEN. IN EINER FELSSPALTE [AUF EINEM FELSEN] NAHE DER STELLE WO DEIN SCHIFF VOR ANKER LIEGT WIRST DU EINE [DURCH­NÄSSTE, ERTRÄNKTE] FIGUR [ZEICHEN, BILD, DARSTELLUNG] IN GESTALT EINER FRAU [IN FORM EINER MUSCHEL] AUSFINDIG MACHEN [AUS DEM WASSER BERGEN, HERAUS­FISCHEN]. DORT HABEN WIR EIN RINGFÖRMIGES SIEGEL EINGEMEISSELT [EINEN VERSTECKTEN RING FESTGEKLEMMT DER AM GESTEIN BEFESTIGT IST] WO DU DURCHSTECHEN [DURCHSTOSSEN, DURCHBRECHEN] UND EINEN WEG [DURCH DEN FELSEN] ERKENNEN KANNST DER ZUM GOLD [AUF] DER INSEL FÜHRT. ES […] SPRINGT INS AUGE [IST AUGEN­SCHEIN­LICH] DASS SICH DORT EIN ALTER SEEMANN [MIT AUGEN UND EINER NASE] BEFINDET MIT DEM ICH MITLEID HABE JEMAND DER […] RECHT SCHMUTZIG UND BEFLECKT IN EINEM RINNSAL LIEGT [ANDERS FORMULIERT JEMAND DER IM WASSER LIEGT UND VERMUTLICH DRECKIG, STINKEND, FAULIG, VERWEST ODER VERMODERT AUS­SCHAUT]. DU SOLLTEST BEIZEITEN [VON DIESEM ORT] VERSCHWINDEN […] UND DIR DER ERTRÄNKTEN FRAU UND IHREM [EWIGEN] KAMPF GEGEN DIE KRÄFTE DER GEZEITEN BEWUSST SEIN. [WENN DU ES SCHAFFST] SOLLTEST DU AN DER STELLE GRABEN WO DER MANN [AUF DEM BODEN] RUHT UND DAS GOLD DURCH­SCHEINT. [SOBALD DIE ARBEIT VOLLBRACHT IST] MUSST DU ZUFLUCHT SUCHEN UND DICH ZUR INSEL ZURÜCKBEGEBEN. [SCHLUSS­ENDLICH] IST EINE SCHWIERIGKEIT ÜBER­WUNDEN UND [MIT ERFOLG] GEMEIS­TERT.

Réunion aus der Osttrichtung  Réunion aus der Westrichtung  Grab von La Buse

Nach seinem Prozess in St. Denis soll La Buse beim Überschreiten der Brücke des Baches der „Ravine à Malheur“ in der Bucht von Malheur seinen Bewachern gegenüber erwähnt haben: „mit dem, was ich hier versteckt habe, könnte ich diese ganze Insel kaufen“.

Ravine à Malheur