Das Schicksal der Mary Celeste

Die Mary Celeste war ein zweimastiges Segelschiff, das 1872 auf dem Atlantik zwischen den Azoren und Portugal treibend, verlassen aufgefunden wurde. Die 31 Meter lange Schonerbrigg wurde 1861 auf der Spencer-Insel in Neuschottland, Kanada gebaut und ursprünglich auf den Namen Amazon getauft. Die Amazon unternahm mehrere Fahrten nach Europa, zu den Westindischen Inseln sowie entlang der amerikanischen Ostküste und wurde mehrmals verkauft, bis sie 1869 den Namen Mary Celeste erhielt. Warum das Schiff verlassen aufgefunden wurde, ist unbekannt. Was mit der Besatzung geschah, blieb bis heute ungeklärt. Bekannt ist, dass die Mary Celeste am 7. November 1872 von New York Richtung Genua auslief. Beladen war sie mit 1.701 Fässern Industriealkohol ( Ethanol) im Zeitwert von 35.000 US-Dollar. Beladen war sie mit 1.701 Fässern Industriealkohol ( Ethanol) im Zeitwert von 35.000 US-Dollar. An Bord waren der Kapitän Benjamin Briggs, ein erfahrener Seemann, eine siebenköpfige Besatzung und zwei Passagiere, die Ehefrau und die Tochter des Kapitäns.
Am 4. Dezember wurde die Mary Celeste von der Bark Dei Gratia gesichtet, jedoch war niemand an Bord. Der Erste Offizier der Dei Gratia, Oliver Deveau, setzte mit einem Kommando in einem Ruderboot zur Mary Celeste über, um das Schiff zu untersuchen. Er berichtete seinem Kapitän folgendes: Auf dem Schiff sei ein furchtbares Durcheinander gewesen. Alles war nass. Zwischen den Decks sei eine Menge Wasser gewesen. Die Lenzpumpe war defekt. Das Schiffsinnere war verwüstet, von der Mannschaft fehlte jede Spur. In der Kombüse war der Ofen aus seinem Platz gerissen, und die Küchenutensilien lagen verstreut herum. Verschiedene Luken und die Tür zum Lazarett standen offen, die Schiffsuhr war außer Funktion und der Kompass zerstört. Der Sextant, das Chronometer und das einzige Rettungsboot waren verschwunden. Das Schiff hingegen war völlig intakt. Die Fracht schien noch vollständig vorhanden. Erst später bei der Entladung in Genua wurde festgestellt, dass neun von den Fässern mit Etanol leer waren. Mit Ausnahme des Logbuches konnten keinerlei Schiffspapiere gefunden werden. Der letzte Eintrag im Logbuch datierte auf den 25. November und gab eine Position in der Nähe der Insel St. Mary der Azoren an. Ein Teil der Mannschaft der Dei Gratia wurde abgestellt, um die Mary Celeste nach Gibraltar zu segeln. Kapitän Briggs, seine Besatzung und die Passagiere wurden nie wieder gesehen.
Die Mary Celeste wurde danach noch zwölf Jahre lang von verschiedenen Eignern genutzt. Der letzte Eigner ließ das Schiff vor Haiti absichtlich versenken, um die Versicherungssumme zu kassieren. Da das Schiff nicht sofort versank, konnte der Betrug verhindert werden. Über das Schicksal von Kapitän Brigg, der Besatzung und den Passagieren wurden verschiedene Hypothesen geäußert. Vermutet wurden unter anderem ein Überfall durch Piraten, eine Entführung durch Außerirdische, oder, was plausibler erscheint, eine Alkoholverpuffung aufgrund von ausgelaufenem Rohalkohol, die den Kapitän und die Mannschaft veranlasste aus Sicherheitsgründen das Schiff zu verlassen. Dafür spricht, dass neun Fässer der Ladung leer waren. Diese könnten bei schwerem Wetter leckgeschlagen sein. Der Alkohol darin wäre verdunstet und hätte sich mit der Luft im geschlossenen Laderaum zu einem hochexplosiven Gasgemisch vereint. Für eine Explosion reicht dann schon ein kleiner Funke. Eine Alkoholverpuffung ist zwar heftig, aber nicht besonders heiß. Das heißt, sie hinterlässt normalerweise keine Brandspuren, würde aber die Verwüstungen an Bord erklären. Auch ein Sturm, oder auch ein Seebeben, bei dem mehrere Mitglieder der Besatzung über Bord geschleudert wurden, kommen infrage. Der Rest rettete sich in das Rettungsboot und wurde vom Schiff abgetrieben. Seebeben kommen in der Region nördlich der Azoren häufig vor.
Im Frühjahr 1873 (das würde zeitlich passen) wurde an der portugiesischen Küste ein Rettungsboot mit fünf stark verwesten Leichen, eine davon die eines Kleinkindes, angetrieben. Ob es sich dabei um das Rettungsboot der Mary Celeste gehandelt haben könnte, ist nicht sicher. Folgende Indizien könnten darauf hindeuten: Die Tochter Kapitän Briggs, Sophia Matilda Briggs war zwei Jahre alt. Im Rettungsboot befand sich auch eine amerikanische Flagge (aber kein Hinweis auf das Schiff, von dem es stammte). Auf der Mary Celeste wurde keine Flagge gefunden. Was wirklich auf dem zweimastigen Segelschiff „Mary Celeste“, das 1872 zwischen den Azoren und Portugal treibend ohne Besatzung im Atlantik gefunden wurde, passiert ist, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Geisterschiffe
Das sind Schiffe die verlassen auf See aufgefunden wurden oder, eigentlich schon verloren geglaubt, unter mysteriösen Umständen wieder auftauchen oder gesichtet werden. Die Mary Celeste ist eines der berühmtesten Geisterschiffe.
Am 29. August 1884 fand das britische Kanonenboot Mallard vor Neufundland, nordöstlich Conception Bay South, die treibende walisische Brigg Resolven. Von den zehn Personen an Bord fehlte jede Spur.
Ein Geisterschiff des 20. Jahrhunderts ist der Fünfmastgaffelschoner Carroll A. Deering. Auf der Rückreise von Rio de Janeiro nach Newport News wurde der Schoner unter vollen Segeln am 31. Januar 1921 auf den Diamantuntiefen am Kap Hatteras gestrandet aufgefunden. Kein Mitglied der elfköpfigen Besatzung war an Bord oder wurde später gefunden, alle Rettungsboote waren verschwunden, ebenso die Navigationsgeräte.
Im Fidschi-Archipel, vor der Küste von Vanua Levu, wurde im November 1955 das US-amerikanische Fracht- und Fischerboot Joyita, eine 21 m lange ehemalige Yacht, mit Krängung und halb ins Wasser eingetauchtem Deck treibend aufgefunden. Die 16 Besatzungsangehörigen sowie neun Passagiere waren spurlos verschwunden.
Unaufgeklärt ist auch der Fall des portugiesischen Küstenmotorschiffs Angoche. Das Schiff wurde im April 1971 vor der mosambikanischen Küste treibend aufgefunden; von der 23 Mann starken Besatzung fehlt bis heute jede Spur.
Im Januar 2003 wurde der in Indonesien registrierte Fischtrawler High Aim 6 ohne Besatzung vor der Küste des australischen Bundesstaates Western Australia treibend aufgefunden. Von der größtenteils indonesischen Mannschaft zeugten nur die sieben Zahnbürsten, die man in den Unterkünften fand.
Vor der Küste des australischen Bundeslandes Queensland fand die australische Küstenwache im April 2007 den 12 m langen Katamaran Kaz II auf. Von den drei Besatzungsangehörigen fehlte jede Spur, obgleich an Bord die Computer eingeschaltet waren und auch die Maschine lief.
Am 24. März 2012 wurde von kanadischen Seeaufklärern das japanische Geisterschiff Ryōun Maru entdeckt, das seit dem Tsunami vom 11. März 2011 als vermisst galt. Das Fischereischiff, das in einem schlechten Zustand, aber weiterhin schwimmfähig war, war mehr als ein Jahr über den Pazifik getrieben. Die Besatzung war verschwunden.
Am 6. Januar 2022 entdeckten Arbeiter einer Bohrplattform im Golf von Thailand die Jin Shui Yuan 2, die führerlos im Meer trieb. An Bord befanden sich keine Personen.
Auch von einem Luftschiff ist ein „Geisterschiff-Zwischenfall“ bekannt. Das US-Marine-Luftschiff L-8 landete am 16. August 1942 mit erschlaffter Hülle, eingeschalteter Motorensteuerung, intakter Kabine mit offener Tür und ohne jede Spur von der Besatzung auf einer Straße in Dale/Kalifornien. Der Verbleib der zweiköpfigen Mannschaft, die eine Patrouille vor San Francisco durchführen sollte, konnte nie aufgeklärt werden.