Verteidigungsstrategien
In der Evolution sind diverse Strategien gegen die Abwehr von Feinden entstanden. Die Evolution ist hierbei manchmal äußerst erfinderisch. Tiere schützen sich vor Fressfeinden durch verschiedene Abwehrmechanismen wie Tarnung, Flucht, Warnfärbung, Mimikry, Schrecktracht oder Absonderung chemischer Substanzen. Manche Insekten, Frösche, Schlangen, Tintenfische und Nacktschnecken machen sich sogar die Kampfstoffe anderer Organismen zu eigen, etwa indem sie Pflanzengifte in ihre Haut einlagern oder geraubte Nesselkapseln einsetzen.

Die Mähnenratte ist ein afrikanisches Nagetier. Sie wird etwa 30 Zentimeter lang, hinzu kommen 18 Zentimeter Schwanz. Namengebend ist eine Mähne, die vom Scheitel über den Rücken bis zum vorderen Schwanzviertel verläuft. Wird die afrikanische Mähnenratte attackiert, stellt sie ihre Rückenmähne auf. Ignorieren Feinde aber diese Warnung, kann das böse enden. Denn die Mähnenratte kennt einen besonderen Abwehrtrick. Sie kaut die Rinde hochgiftiger Pflanzen (z. B. Pfeilspitzen-Schöngift –Acokanthera schimperi und möglicherweise auch Gomphocarpus physocarpus) und verteilt den toxischen Speichel in ihrem Rückenfell. Die dort befindlichen Haare besitzen einen doppelten Haarschaft, von denen der außenliegende Poren aufweist, welche den Speichel besonders gut aufnehmen. Sie selbst ist immun gegen das Gift. Ihre Angreifer nicht. Warum das Gift bei der Mähnenratte keine Wirkung zeigt, ist ein Rätsel der Evolution.

Krötenechsen leben in Wüstengebieten in Mexiko und im Südwesten der Vereinigten Staaten. Die Tiere sind Einzelgänger und begegnen sich in der Natur fast ausschließlich zur Paarung. Sie sind tagaktiv und verbringen die meiste Zeit mit der Suche nach oder dem Auflecken von Ameisen und anderen kleinen Beutetieren. Fühlt sich die Echse bedroht, kann sie aus ihren Augen Blut spritzen. Sie beschießt den Aggressor mit einem Blutstrahl aus den Augenhöhlen. Hierzu bringt die Echse Gefäße am Augenrand zum Platzen. Blut sammelt sich in einer Höhle unter dem Augenlid und kann mit Hilfe von Muskeln 1,5 Meter weit verspritzt werden. Diese Art der Verteidigung ist als Reflexbluten bekannt, funktioniert aber nur gegenüber Angreifern, die sich vom Geruch oder Geschmack des Blutes abschrecken lassen, z. B. Hunde. Sie wird nur im äußersten Notfall eingesetzt, da sich der Bluthaushalt um etwa ein Viertel reduziert.

Das Große Mausohr ist die größte heimische Fledermausart. Ein ausgewachsenes Exemplar hat eine Kopf-Rumpf-Länge zwischen 6,7 und 8,4 Zentimetern, eine Flügelspannweite zwischen 35 und 43 Zentimetern und ein Gewicht zwischen 20 und 40 Gramm. Zum Lebensraum des Großen Mausohres gehört vor allem offenes Gelände wie Wiesen, Felder und offenes Waldland, aber auch menschliche Siedlungen. Sommerquartiere liegen oft in Dachstühlen und Kirchtürmen, auch in Scheunen oder Brückenbauten oder Dachböden oder Widerlager von Brücken, sowie Vogel- oder Fledermauskästen oder Baumhöhlen. Bevorzugte Winterquartiere liegen in Höhlen, Stollen, Bunkeranlagen und frostfreien Kellern, wo die Temperaturen etwa zwischen 1° und 12 °C liegen und die Luftfeuchtigkeit zwischen 85 und 100 Prozent beträgt. Dort treffen die Tiere zwischen September und Oktober ein. Ihren Winterschlaf halten sie entweder einzeln oder eng in Gruppen aneinander gedrängt, wobei sie frei von der Decke oder an Wänden hängen. Das große Mausohr nutzt zur Verteidigung akustische Mimikry. Sie ahmt die Geräusche giftiger Insekten nach. Sie summt dann wie eine Biene, Wespe oder Hornisse ein cleverer Trick, um Eulen und andere nächtliche Jäger abzuschrecken.

Die Tannenzapfenechse ist im Süden und Westen Australiens beheimatet. Die Echsen werden 35 bis 40 cm lang. Durch seine gedrungene Gestalt mit kurzem Schwanz und kurzen Beinen, vor allem aber durch die rauen, stark vergrößerten und gekielten Schuppen erinnert das Tier an einen Tannenzapfen. Die Tiere ernähren sich hauptsächlich von Pflanzen und Früchten, jedoch auch von Schnecken, Insekten und Würmern. Bei einem Angriff drohen sie mit aufgerissenem Maul und herausgestreckter Zunge, die breit und auffallend blau ist. Doch die Echsen haben noch eine weitaus raffiniertere Abwehrstategie. Kopf und Schwanz des australischen Kriechtiers sehen fast gleich aus – eine clevere Ablenkung von Fressfeinden. Diese zielen meist auf den Kopf, um ihre Beute kampfunfähig zu machen. Einen Schwanz zu haben, der wie der Kopf aussieht, kann einen Angreifer ziemlich verwirren.

Diese fast vollständig schwarz gefiederten Geier haben lange, breite Flügel, einen langen gerundeten Schwanz, im Flug weit gespreizte Handschwingen und einen kleinen, unbefiederten roten Kopf. Der Truthahngeier erreicht eine Körpergröße von 63,5 bis 76 Zentimeter und wird etwa 850 bis 2000 Gramm schwer. Die Flügellänge beträgt 46 bis 55 Zentimeter und die Flügelspannweite 1,80 bis 2 Meter. Er kommt in Süd-, Mittel- und Nordamerika, von Feuerland und den Falklandinseln bis etwas nördlich der Südgrenze Kanadas vor. Truthahngeier suchen einzeln oder in kleinen Gruppen nach Kadavern. Aas spüren sie mit ihrem gut entwickelten Geruchssinn auf. Kadaver, die mehrere Tage alt sind, werden ignoriert, wahrscheinlich um die Aufnahme von Leichengiften zu vermeiden. Ein Nest wird nicht gebaut, sondern die Eier (inder Regel zwei) werden direkt auf den Boden in Höhlen, auf Klippenvorsprünge oder zwischen Felsen gelegt und anschließend 38 bis 41 Tage bebrütet. Die Vögel erbrechen zu Verteidigungszwecken ätzende Magensäure. Trifft der säurehaltige Mageninhalt feindliche Räuber, kann das ganz schön brennen. Nebeneffekt: Der Geier verliert an Gewicht, sodass er leichter davonfliegen kann.

Die Bombardierkäfer werden 5 bis 15 Millimeter lang. Sie sind meist blau oder grün, selten sind sie auch schwarz gefärbt. Der große Kopf und der Halsschild sind meist rot. Das wichtigste Merkmal dieser Käfer ist ihr Explosionsapparat am Hinterleibsende, aus dem bei Gefahr dem Angreifer reizende und übelriechende Gase aus zwei Röhren direkt entgegen geblasen werden. Dabei ist ein deutlicher Explosionsknall zu vernehmen. Wurde er z. B. von einem Frosch verschluckt, setzt er die Chemiekeule im Inneren des Magens seines Gegners frei. Das treibt seinen Fressfeind dazu, den Krabbler wieder hochzuwürgen. Der paarige Explosionsapparat am Hinterleibsende des Käfers besteht aus einer Drüse, die Sekret produziert, einer Sammelblase und einer Explosionskammer. Der Sprengstoff wird unmittelbar vor dem Hinausblasen durch Mischen zweier sehr reaktiver Chemikalien (Hydrochinon und Wasserstoffperoxid) hergestellt.

Streifenskunks (Mephitis) sind in Nord- und Mittelamerika beheimatet. Die Tiere erreichen eine Kopfrumpflänge von 28 bis 38 Zentimeter, der buschige Schwanz wird bis zu 25 Zentimeter lang. Streifenskunks leben überwiegend einzelgängerisch und gehen allein auf Nahrungssuche. In den nördlichen Regionen ihres Verbreitungsgebietes halten sie Winterruhe und ziehen sich für mehrere Wochen in einen Bau zurück. Bei der Winterruhe schlafen die Tiere, aber nicht so fest wie die Winterschläfer. Ihre Verteidigungsstrategie ist ebenso legendär wie gefürchtet: Bei Gefahr spritzen Skunks ihren Angreifern eine übelriechende Flüssigkeit entgegen. Dabei handelt es sich um ein Analdrüsensekret, das an einen Mix aus Knoblauch, Schwefel, verbranntem Gummi und faulen Eiern erinnert. Gerät die Flüssigkeit in die Augen, kann der Angegriffene sogar kurzzeitig erblinden.

Die Waldschnepfe ist etwa haustaubengroß. Das Gefieder ist braun, schwarz und weiß gemustert. Sie lebt in feuchten Laub- und Mischwäldern in fast ganz Europa. Im Herbst und Winter (September bis November) ziehen die meisten Waldschnepfen in den Mittelmeerraum oder nach Westeuropa an die Atlantikküste. Sie ernährt sich von Würmer, Spinnen sowie Insekten und deren Larven. In der Dunkelheit stochert die Waldschnepfe mit ihrem langen Schnabel im Boden und schnappt sich Regenwürmer. Im Winter ernährt sie sich auch von Beeren, Früchten und anderen Pflanzenteilen (z. B. Fichtennadeln). Das Weibchen der heimischen Waldschnepfe brütet auf dem Boden. Stundenlang sitzt es regungslos auf seinem Gelege. Nähern sich Feinde, flattert es aufgeregt in der Luft, um Angreifer abzulenken. Nützt all das nichts, klemmt sich die Schnepfenmutter ihre Küken kurzerhand zwischen die Beine und transportiert sie wie ein Hubschrauber an einen sicheren Ort.

Kugelgürteltiere leben in trockenen sowie offenen bis baumbestandenen Landschaften in Südamerika etwa in Brasilien, Bolivien, Paraguay und dem nördlichen Argentinien. Sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten und teils von pflanzlichen Material. Die Tiere erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 21 bis 31 cm, der kurze, kräftige und eher dreieckig geformte Schwanz wird 5 bis 8 cm lang. Das Gewicht liegt bei 1 bis 2 kg. Der markante Rückenpanzer ist sehr hart und hoch sowie deutlich gerundet. Sie sind im Unterschied zu anderen Gürteltierarten, schlechte Gräber, legen aber manchmal auch eigene Baue an. Darüber hinaus verwenden sie verlassene Unterschlupfe anderer Tiere oder ziehen sich zum Schlafen in dichte Vegetation zurück. Bei Bedrohung flüchten Kugelgürteltiere meistens oder rollen sich komplett zu einer Kugel zusammen, wozu nur Vertreter dieser Gattung befähigt sind. Dazu verbergen sie die Beine im Inneren und die harte Oberseite des Kopfs und des Schwanzes bilden den Verschluss. Anfänglich bleibt noch ein kleiner Spalt offen, erst bei Berührung schnappt die Kugel zu. In dieser Position kann es von Fressfeinden kaum erbeutet werden.