Lebende Fossilien
Lebende Fossilien sind Tier- oder Pflanzenarten (.z. B. der Ginkgobaum oder der Urweltmammutbaum), die seit Millionen von Jahren existieren und sich kaum verändert haben. Hier die wichtigsten Beispiele aus der Tierwelt:

Hoatzine: Diese Ausnahmevögel fressen überwiegend Blätter, verdauen sie aber nicht im Magen, sondern im Kropf und in der unteren Speiseröhre. Diese Teile des Verdauungssystems wird als Vorderdarm bezeichnet und erinnert eher an Wiederkäuer als an Federvieh. Die Verdauung im Vorderdarm ist ein unter Vögeln einmaliges Merkmal. Die Jungvögel haben Krallen an den Flügeln, was beispielsweise an den Archäopteryx erinnert, der ebenfalls diese Krallen besaß. Die Krallen bleiben manchmal auch bei den ausgewachsenen Hoatzinen bestehen. Genanalysen belegen, dass die Hoatzine die letzten Überlebenden einer Linie sind, die sich vor 64 Millionen Jahren kurz nach dem Ende der Dinosaurier von anderen Vogelfamilien abspaltete. Aufgrund ihrer besonderen Merkmale gelten sie als einzigartig. Der Hoatzin lebt in den tropischen Regenwäldern des nördlichen Teils von Südamerika, so im Osten Kolumbiens, in Venezuela, den drei Guayana-Staaten, in Nord- und Zentral-Brasilien, im äußersten Osten Perus und Ecuadors sowie im Nordosten Boliviens.
Tuataras: Die ersten Brückenechsen oder Tuataras bewegten sich vor 250 Millionen Jahren über den Superkontinent Pangea. Etwa 100 Millionen Jahre später erlebten sie ihre Blütezeit. Seither schrumpft ihr Verbreitungsgebiet kontinuierlich. Es gibt sie nur noch auf Neuseeland.

Pfeilschwanzkrebse: Sie besiedeln bereits seit dem Kambrium vor 540 Millionen Jahren die Erde. Ihre Blütezeit hatten sie ab dem Silur vor 440 Millionen Jahren, bis auch sie am Ende des Juras das damalige Massenaussterben traf. Heute leben noch vier Arten aus drei Gattungen: im Brackwasser von Flussmündungen und Mangrovensümpfen in Südostasien sowie an der amerikanischen Atlantikküste und dem Golf von Mexiko. Die Pfeilschwanzkrebse sind trotz ihres Namens aber nicht mit den Krebsen, sondern mit den Spinnentieren verwandt. Das Blut der Pfeilschwanzkrebse ist wegen seines hohen Gehalts an Hämocyanin, einem Sauerstofftransporter, blau gefärbt. Das macht die Tiere kommerziell wertvoll, da sich mit dem blauen Blut bakterielle Endotoxine (Lipopolysacchariden) nachweisen lassen; Das Blut reagiert auf diese bakteriellen Zerfall- und Giftstoffe und gerinnt dabei zu einem Gel.

Quastenflosser: Sie gelten als Klassiker unter den lebenden Fossilien. Quastenflosser bilden in sehr frühen Lebensstadien eine Lunge aus, was auf ihren ursprünglichen Lebensraum im Übergang vom Meer zum Land hindeutet. Sie besiedelten die Erde seit dem Devon vor 400 Millionen Jahren und verschwanden in der späten Oberkreidevor mehr als 70 Millionen Jahren. Daher wurde vermutet, dass die Quastenflosser das Massenaussterben am Ende der Kreidezeit (Kreide-Paläogen-Grenze) nicht überstanden hatten. Doch sie haben überlebt. Der Vorfahre der heute existierenden Quastenflosser konnte bereits über seine Schwimmblase atmen. Das ermöglichte ihm, wie eine Amphibie, an Land zu gehen. Heute kennt man noch zwei lebende Arten: den Komoren-Quastenflosser (Latimeria chalumnae), der im Indischen Ozean vor Südafrika entdeckt wurde. Und den Manado-Quastenflosser (Latimeria menadoensis), der vor der indonesischen Insel Sulawesi entdeckt wurde.

Das bizarrste lebende Fossil ist aber ohne Zweifel das Schnabeltier. Ein besonders rätselhaftes Geheimnis hat das Schnabeltier ((Ornithorhynchus anatinus) bei den Biologen zur Legende gemacht. Schnabeltiere sind neben den Echidnas (Ameisenigel) die einzigen Säugetiere, die Eier legen. Junge Schnabeltiere werden nach dem Schlüpfen über ein sogenanntes Milchfeld der Mutter mit wertvollen Nährstoffen versorgt. Bis zu fünf Monaten ernähren sich die Säuglinge von der Muttermilch, die mittels einer durchlässigen Membran über die Haut abgegeben wird. Es ist strittig, in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Säuger eigentlich steht. Ist es ein Vorfahre des Vogels, eines Reptils oder eines Säugers? Das geheimnisvolle Schnabeltier ist ein lebendes Paradoxon und widersetzt sich jeder Logik. Als Wissenschaftler zum ersten Mal ein Schnabeltier zu Gesicht bekamen, wussten sie nicht, wo sie es einordnen sollten. Für die meisten Wissenschaftler ist das Schnabeltier, ein lebendes Fossil, das zwischen Reptil und Säuger angesiedelt ist. Schnabeltiere sind ausschließlich im Osten von Australien und in Tasmanien beheimatet. Wie klassifiziert man ein so bizarres Tier, das
- Eier legt, aber über Milchdrüsen verfügt, im Ausbrüten der Eier ein vogelähnliches Verhalten an den Tag legt,
- ein Fell und gleichzeitig einen Entenschnabel und Schwimmhäute hat und
- ein Warmblüter ist, dessen Skelett aber Merkmale eines Reptils, also eines Kaltblüters, aufweist?
Man einigte sich schließlich darauf, dass das Schnabeltier ein Säuger ist, der der Ordnung Monotremen oder Kloakentiere angehört. Bei diesen Tieren münden beide Ausscheidungs- und die Geschlechtsorgane in einer gemeinsamen Öffnung, der „Kloake“. Die einzige weitere lebende Familie der Kloakentiere ist der Ameisenigel. Schnabeltiere weisen Merkmale von zwei Tiergruppen auf und gelten daher als sogenannte Brückentiere (evolutionäre Übergangsformen). Im Kontext der Evolutionstheorie sind sie Beleg dafür, dass Tiergruppen sich nicht nebeneinander, sondern auseinander entwickelt haben. Mit Ausnahme des Schnabeltiers sind Brückentiere ausgestorben. Das Fell der Schnabeltiere fluoresziert. Unter normalem sichtbarem Licht erscheint ihr Pelz zwar einheitlich braun. Aber unter UV-Licht leuchtet das Fell in Grün oder Cyan blau. Das Phänomen der 1Biofluoreszenz ist in der Tierwelt nicht selten. Besonders häufig kommt die Biofluoreszenz bei Meerestieren, Amphibien und auch einigen Reptilien wie dem Chamäleon vor. Neben den Beuteltieren und den Plazentatieren wurde mit dem Schnabeltier nun auch bei der dritten Unterklasse der Säugetiere, den Kloakentieren Biofluoreszenz nachgewiesen. Schnabeltiere können unter Wasser weder Sehen noch Hören noch Riechen und benutzen den Schnabel, um nach ihrer Nahrung, insbesondere Insektenlarven, zu suchen. Der gummiartige, weiche Schnabel des Schnabeltiers ist mit Rezeptoren übersät, die auf Berührungen und auf elektrische Reize ansprechen. Diese natürliche und effiziente Sensortechnik gilt bis heute als Wunder der modernen Biologie. Schnabeltiere haben auch keine Zähne, sondern Hornplatten am Ober- und Unterkiefer, die zum Zermahlen der Nahrung dienen. Ein weiteres Geheimnis steckt in den flossenartigen Hinterbeinen. Das Schnabeltiermännchen hat an beiden Hinterfüßen, und zwar in der Nähe des Fußgelenks, einen hohlen Sporn, der durch einen Kanal mit einer Giftdrüse im Oberschenkel verbunden ist. Dieses auch für Menschen gefährliche Toxikum, verursacht extrem schmerzende Schwellungen und kann nur schlecht behandelt werden; es gibt weder ein wirksames Gegengift, noch helfen konventionelle Schmerzmittel. Abgesehen davon, dass es eines der wenigen Säugetiere ist, dass Gift produziert, hat dieses Gift eine insulinähnliche Wirkung und könnte die Diabetes-Therapie revolutionieren. Bei der giftigen Substanz handelt es sich um das im Dünndarm produzierte Hormon Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1), das unter anderem dafür zuständig ist, die Ausschüttung von Insulin anzuregen.
Ein weiteres Fossil sind Störe: Diese ursprünglichen Knochenfische wandern seit mindestens 200 Millionen Jahren zwischen ihren Laichplätzen in schnell fließenden Flussabschnitten mit Kiesbänken und den langsam dahinfließenden Unterläufen beziehungsweise dem Meer mit reichhaltigerem Nahrungsangebot hin und her. Auch sie sind bedroht. Sie werden intensiv befischt, weil aus ihnen der begehrte Kaviar geholt wird. Die schwarzen Eier erzielen auf dem legalen und dem Schwarzmarkt sehr hohe Preise.
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1Meeresbewohner mit dieser Fähigkeit nehmen Licht einer bestimmten Wellenlänge auf und verwandeln es, um es in einer anderen Farbe wieder abzustrahlen. Bisher wurde angenommen, dass unter Wasser nur einige Quallen und Korallen biofluoreszierend seien. Bio-Fluoreszenz konnte nun auch in Knorpelfischen, zu denen Haie und Rochen zählen, und Knochenfischen, zu denen die meisten Fischarten gehören, nachgewiesen werden. Demnach können viele Fischarten in fluoreszierenden Farben leuchten und diese Fähigkeit zur Kommunikation nutzen. Rund 180 Fischarten aus 50 Fischfamilien erweisen sich als bio-fluoreszierend. Biofluoreszierende Fische nehmen die elektromagnetische Strahlung des sichtbaren blauen Lichts auf und geben es in Mustern von langwelligerem Neonrot, Neonorange und Neongrün wieder ab. Für das menschliche Auge ist das unsichtbar. Doch für die Fische spielen die Farben und Muster eine wichtige, bisher weitgehend unerforschte Rolle bei der Kommunikation. So könnte das Leuchten bei der Erkennung, der Partnersuche, der Täuschung von Feinden oder der Jagd dienlich sein. Anders als zu Land ist die sichtbare Farbwelt unter Wasser eingeschränkt. Mit zunehmender Tiefe verschwinden die Rot-, Orange-, Gelb- und Grünanteile des Sonnenlichts nach und nach, alles Leben wird in Schattierungen von Blau getaucht. Je weiter unten sie leben, desto nötiger haben die Meeresbewohner ihre Leuchtkraft, und desto besser sichtbar wird die Fluoreszenz. Ähnlich funktioniert Biolumineszenz. Das ist die Fähigkeit von Lebewesen, in speziellen Leuchtorganen selbst oder mit Hilfe von Mikroorganismen Licht zu erzeugen. Glühwürmchen suchen auf diese Weise ihre Partner.