Das Thomas Evangelium

Das Thomasevangelium ist eine apokryphe Sammlung von 114 Logien (Sprichwörter) und kurzen Dialogen. Es enthält teils schwierig zu deutende Weisheitssprüche und Gleichnisse über das Reich Gottes (Logien 22, 27, 46, 50, 57, 96–99, 107, 109, 113), ferner gibt es Sprüche mit prophetischem Inhalt (Logien 51, 111), Seligpreisungen (Logien 18–19), Klagen (Logion 103), Gesetzesworte (Logien 53, 104) und Regeln für das gemeinsame Leben (Logien 12, 25). Im Thomasevangelium reden einige Gleichnisse auch von der Rückkehr des Menschen in den Urzustand sowie der Aufhebung des Gespaltenseins. Das kürzeste Logion lautet: „Werdet Vorübergehende!“  (Logion 42). Hier einige aus theologischer Sicht bedeutsame  Beispiele:

  1. Das Diesseits wird negativ beurteilt: „Wer die Welt erkannt hat, der hat eine Leiche gefunden“ (Logion 56).
  2. Das Heil, die Verbindung mit Gottes Reich, tritt ein dank eines Erkenntnisvorgangs, indem Menschen sich als Gotteskinder verstehen; dadurch eint sich ihr Wesen mit ihrem im Himmel verbliebenen Urbild (Logion 84).
  3. Das Reich ist gegenwärtig: „das Reich des Vaters ist schon ausgebreitet über die Erde, nur können es die Menschen nicht sehen“ (Logion 113).
  4. Der Mensch ist, wenn auch blind in seinem Herzen (Logion 28), doch göttlichen Ursprungs (Logien 3, 50).
  5. Jesus spricht: ‚Wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet. Und wenn er findet, wird er bestürzt sein. Und wenn er bestürzt ist, wird er erstaunt sein. Und er wird König sein über das All.‘“ (Logion 2)

Für mindestens 22 ganze Logien und 18 Teilabschnitte finden sich Parallelen in den synoptischen Evangelien . So ähnelt Spruch Nr 5 dem Spruch Jesu in Mt 7,8: Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.  Im Thomasevangelium finden sich Übereinstimmungen zu Jesusworten, die auch im Neuen Testament bekannt sind, aber auch mehrere sonst unbekannte Jesusworte. Einige Textstellen widersprechen jedoch dem Christusbild des Neuen Testaments. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Entstehung des Thomasevangeliums ist das Ende des Wirkens Jesu um 30 bzw. 33 n. Chr., der späteste Zeitpunkt liegt kurz vor 200 n. Chr. Der Prolog gibt Didymus Judas Thomas als Autor an. Laut Einleitungssatz und Logion 1 will die Sammlung von Aussprüchen eine HeilsbotschafAt sein:  „Dies sind die geheimen Worte, die Jesus, der Lebendige, sprach und Judas Thomas, der Zwilling, aufschrieb. Und er sprach: ‚Wer die Bedeutung dieser Worte versteht, wird den Tod nicht schmecken.‘“  Allerdings beschränkt sich die Heilsbotschaft auf die Verkündigung Jesu. Dass Jesus für die Menschen starb und auferstand, wird mit keinem Wort erwähnt. Ebenso fehlen Angaben über die Ankündigung von Jesu Wiederkommen, dem Jüngstem Tag und alle Wunderberichte.

Die synoptischen Evangelien kennen einen Jünger Thomas, der im Johannesevangelium Thomas Didymus genannt wird (Joh 21,2: Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus (Zwilling), Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.). Außerhalb des Neuen Testaments findet sich ein Judas Thomas noch in den apokryphen Thomas Akten aus dem 3. Jahrhundert. Die meisten Bibelforscher verwerfen die Angabe im Thomasevangelium selbst , dass es vom Apostel Thomas geschrieben sei. Hauptargument dafür ist die geringe Bekanntheit der Schrift und ihre spätere Ablehnung. Es wird allgemein angenommen, unbekannter Autor wollte den Eindruck erwecken, der Apostel Thomas selbst habe die Logien niedergeschrieben. Der Verfassernamen könnte ein Pseudonym sein. Doch die  dreifache Namensform des Prologs ist zumindest auffällig:

Jesus zu seinen Jüngern: „Mit wem bin ich zu vergleichen?“ Darauf Simon Petrus: „Du bist wie ein gerechter Engel.“ Und Matthäus: „Du bist ein Mensch, einsichtig wie ein Philosoph.“ Thomas aber erwiderte: „Meister, mein Mund kann unmöglich sagen, wem du gleichst!“ Da sprach Jesus: „Ich bin nicht dein Meister; denn du hast getrunken und dich berauscht an der sprudelnden Quelle!“ Und Jesus nahm ihn beiseite und sprach drei Worte zu ihm. Als Thomas zu seinen Gefährten zurückkam, fragten diese ihn: „Was sprach Jesus mit dir?“ Thomas darauf: „Wenn ich euch eins der Worte mitteile, die er mit mir sprach, dann werft ihr mit Steinen nach mir…“

Da das Thomasevangelium nicht vom Jünger Thomas verfasst worden  sein soll, diesen aber als Autor angibt, zählt es zu den Pseudepigrafen. Damit ist  entweder die angeblich falsche Autorschaft biblischer Texte (= Pseudepigraphie in der Bibel) oder die angebliche Abfassung außerbiblischer Schriften durch biblische Personen (= Pseudepigraphie zur Bibel) gemeint. Im Zusammenhang mit der Bibel wird damit die falsche Autorschaft biblischer Texte bezeichnet. Weitgehender Konsens unter den Forschern besteht auch darüber, dass das Thomasevangelium letztlich auf einer mündlichen Überlieferung aufbaut. 

Das Thomasevangelium war lange Zeit verschollen; 1945 fand man in Nag Hammadi in Ägypten 13 Papyrus-Kodizes, darunter (im Codex II, 2) die nahezu vollständige koptische Übersetzung der 114 Aussprüche (Logien), als „Evangelium nach Thomas“ unterschrieben. Der koptische Text wurde aus dem Griechischen übersetzt, was u. a. die zahlreichen griechischen Lehnwörter zeigen. Das sind Worte, die aus einer Sprache (der Geber- oder Quellsprache) in eine andere, die Nehmersprache (Zielsprache) übernommen (entlehnt) wurden. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Entstehung des Thomasevangeliums ist das Ende des Wirkens Jesu um 30 bzw. 33 n. Chr., der späteste Zeitpunkt liegt kurz vor 200 n. Chr.  Im Thomasevangelium wird enthüllt, dass Jesus Maria Magdalena geheiratet und dass die beiden sogar Kinder hatten, die Zwillingssöhne Manasseh und Ephraim. Tatsächlich sind Ephraim und Manasse – die Söhne Josefs also Enkel von Jakob, dem Stammvater der Israeliten in der Bibel: Gen 46, 20: Josef hatte in Ägypten Kinder erhalten, die ihm Asenat, die Tochter Potiferas, des Priesters von On, geboren hatte: Manasse und Efraim.Das Manuskript, in dem geschrieben steht, dass Manasseh und Ephraim die Söhne von Jesus waren, befand sich lange Zeit im britischen Museum, welches es 1847 von dem ägyptischen St. Macarius Kloster erhalten haben soll. Später hat es die Nationalbibliothek des Vereinigten Königreichs in London, die British Library dem Museum abgekauft. Dort wurde es von dem Historiker Professor Barrie Wilson von der kanadischen York Universität studiert. Wilson hält das Manuskript für ein 1500 Jahre altes Original. Als weiteren Beleg für die im Manuskript erwähnte Vaterschaft von Jesus führt Wilson an, dass es Maria war, die den Körper von Jesus nach der Kreuzigung gewaschen hat. Zur damaligen Zeit war es aber Brauch, dass die Leichname von Männern gewaschen wurden und nicht von Frauen, außer es war die Ehefrau des Verstorbenen. Mit Maria war nicht die Mutter Jesu gemeint, sondern Maria Magdalena. Die Evangelisten erwähnen sie als Begleiterin Jesu und Zeugin seiner Kreuzigung und Auferstehung.

Zwei Jahre nach Wilsons Veröffentlichung präsentierte die Professorin für Frühchristentum und Gnostizismus an der Harvard Universität,  Karen Leigh King, ein Papyrusfragment, das sie 2011 von einem Privatsammler erhalten haben will, welches in koptischer Sprache verfasst wurde und laut Radio-Carbon-Untersuchungen zwischen 659 und 859 n. Chr. zu datieren sei. Eine Papyrologin soll die Echtheit von dem knapp viermal acht Zentimeter großen Fragments bestätigt haben. Ein paar Worte und Satzfragmente konnten entziffert und übersetzt werden. Die brisante Aussage auf diesem Stück Pergament lautet: Jesus sagte zu ihnen: Meine Ehefrau…..sie ist fähig, meine Jüngerin zu sein……Lasst die Leute anschwellen (vor Wut)….Was mich betrifft, ich bin auf ihrer Seite um…… Der Vatikan lehnt das Papier ab und hält es für eine Fälschung.

Weitere interessante Informationen finden sie hier: Rennes le Chateau

Wer war der Apostel Thomas ?

Der Apostel Thomas († der Überlieferung nach um 72 in Mailapur) ist einer der zwölf Jünger Jesu. Vgl. Mk 3,18: dazu Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus. Er wird auch Didymos genannt. In der syrischen Tradition erscheint er als Judas Thomas, da Thomas dort als Beiname verstanden wird. Während er in den drei synoptischen Evangelien und der Apostelgeschichte nur in der Jüngerliste Erwähnung findet, erwähnt das Johannesevangelium einige Charaktereigenschaften, die Züge seiner Persönlichkeit nachzeichnen. Er wird als nüchterner Wirklichkeitsmensch beschrieben, der zwar fragt, jedoch der erkannten Wahrheit sofort Gehorsam schenkt.

Thomas war bei der ersten Erscheinung des Auferstandenen am Ostertag nicht anwesend (Joh 20,24: Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam). Als die Jünger ihm davon erzählen, stellt er die Bedingung, die Auferstehung erst zu glauben, wenn er die Nägelmale berührt (Joh 20,25: Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht). Eine Woche später, als die Jünger wieder beisammensitzen, erscheint Jesus ihnen erneut. Nach einem Friedensgruß wendet er sich direkt an Thomas und fordert ihn auf, seine Wundmale zu berühren, wobei er beinahe wörtlich Thomas’ Forderung wiederholt. Er schließt mit der Aufforderung an Thomas, gläubig zu werden (Joh 20,26-27: Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! ). Ohne die Wunden Jesu zu berühren, findet Thomas zum Bekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)  Daraufhin Jesu : Joh 20,29: Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.