Exorzismus

Exorzismen schädlicher Geister und Dämonen gab es im Alten Orient, im Alten Ägypten, im Judentum, im Hellenismus, im Islam und im Schamanismus. Exorzismus gibt es auch heute noch. In der Weltvereinigung der Exorzisten (AIE) sind knapp 900 Exorzisten und Hilfsexorzisten organisiert. Präsident der Vereinigung ist 2023 der tschechische Priester Karel Orlita.
 Ein Exorzismus, auch Teufels- oder Dämonenaustreibung genannt,  ist ein ritualisiertes Befreiungsgebet, in dem ein Priester versucht, vermutete dämonische Wesen auszutreiben. Der Besessene wird mit Weihwasser besprengt und es wird ihm ein Kreuz vorgehalten. Dann wird ein Gebet gesprochen und der Befehl erteilt: „Verschwinde, im Namen Gottes!“ Das kann bis zu einer halben Stunden dauern. Doch vorher, wird erst einmal geklärt, ob nicht etwa eine psychische Erkrankung vorliegt. Erst wenn alle medizinischen Untersuchungen ergebnislos bleiben, es aber Symptome gibt, die auf eine Besessenheit schließen lassen, kommt ein Exorzismus überhaupt infrage. Sobald der Exorzist betet, den Patienten segnet oder ihn mit Weihwasser besprengt, macht sich der Dämon in der Regel bemerkbar. Die Besessenen fangen an zu schreien, fluchen, verspotten den Exorzisten. Teilweise sprechen sie in Sprachen, die sie nie gelernt haben. Die meisten Fälle von Besessenheit können jedoch auf psychische Erkrankungen zurückgeführt werden. Laut des Freiburger Institutes für Paranormales dürfte nur eine kleine Fallzahl in den Bereich der Dämonologie fallen. In Deutschland muss jeder Exorzismus vom örtlichen Bischof genehmigt werden, wofür grundsätzlich ein medizinisch-psychologisches Gutachten nötig ist. Katholische Exorzisten unterscheiden heute zwischen Besessenheit (auch Infestation oder Umsessenheit genannt) einerseits und religiöser Hysterie und diversen Geisteskrankheiten andererseits. Der Exorzismus soll nur bei Besessenheit und deren Abstufungen zur Anwendung kommen. Besessene können z. B. auch Anzeichen einer Geisteskrankheit zeigen. Deshalb ist grundsätzlich Vorsicht angesagt.
Das genaue Ritual für einen Exorzismus an Besessenen wird im Rituale Romanum von 1614, Abschnitt De Exorcismis et supplicationibus quibusdam („Exorzismen und Bittgebete“) beschrieben:

  • Vorbereitung: Kreuzzeichen, Besprengung mit Weihwasser, Allerheiligenlitanei, Antiphon, Vaterunser, Ps 54
  • Erste Exorzismushandlung: Versikel, erste Oration, zweite Oration, erster Exorzismus, Schriftlesung(en), Bitte um Stärkung des Exorzisten, Kreuzzeichen, Zeigen des Kreuzes
  • Zweite Exorzismushandlung: Versikel, Oration, imprekativer Exorzismus, 
  • Dritte Exorzismushandlung:  Versikel, Oration, imprekativer Exorzismus
  • Vierte Exorzismushandlung: Versikel, Oration, imprekativer Exorzismus,
  • Abschluss: Magnificat, Benedictus, Athanasisches Glaubensbekenntnis, Psalmenrezitation, Gebet nach der Befreiung

Ergänzt wurde dieser Exorzismusritus 1925 durch den Exorcismus in satanam et angelos apostaticos, der von Papst Leo XIII. 1890 veröffentlicht wurde.
Gemäß dem Tanach werden Geister, die einem Menschen schaden von Gott ausgesandt. So kommt ein böser Geist (1 Sam 16,14 ; 1 Sam 18,10 ) von Gott über den sündigen König Saul, nachdem der Geist Gottes von ihm gewichen ist. In 1 Kön 22  sendet Gott einen Lügengeist in den Propheten Zedekia, Sohn des Kenaana, um die sündigen Könige von Israel und Juda in einen Feldzug zu locken, der im jedoch Desaster endet. Eine Besessenheit durch böse, unabhängig von einem Auftrag Gottes agierende Geister oder Dämonen kennt der Tanach nicht. Das Neue Testament setzt, vom dem mit dem Tanach inhaltlich übereinstimmenden Alten Testament, die Existenz von Dämonen voraus.  Jesus heilte bei seinen Exorzismen meist gleichzeitig Krankheiten, die bei den betroffenen Menschen infolge der Besessenheit aufgetreten waren. Besonders das Markusevangelium (Mk 5,1–20) thematisiert solche Austreibungen eindrücklich.
 Als Mittel zur Austreibung von Dämonen diente vor allem das Kreuzzeichen, auch der Name Jesu Christi und danach das Taufsiegel. In der katholischen Kirche wurde auf dem Konzil von Laodicea,  dessen Beschlüsse später in das  Decretum Gratiani (kirchliche Rechtssammlung) überführt wurden, wurde die Durchführung des Exorzismus ganz an die Genehmigung des örtlichen Bischofs gebunden.
 Ein Exorzismus in Deutschland der besonders auch für internationale Schlagzeilen sorgte, war der Fall der Anneliese Michel im Jahr 1976. Die junge Frau starb im Verlauf des kirchlich genehmigten Exorzismus an Unterernährung und Entkräftung, nachdem zuvor die ärztliche Behandlung abgebrochen worden war. Die Eltern Michels und die beiden Exorzisten wurden wegen fahrlässiger Tötung jeweils zu halbjährigen Bewährungsstrafen verurteilt.  14 Jahre nach dem Tod Anneliese Michels kam es erneut zu einem Exorzismus mit Todesfolge. Im Jahr 1990 unterzog sich ein pädophiler Priester im indischen Bundesstaat Kerala einem Exorzismus. Durchgeführt wurde er vom 1Engelwerk, einer 1949 von der österreichischen römisch-katholischen Neuoffenbarerin Gabriele Bitterlich gegründeten geistliche Bewegung, die 2008 von Papst Benedikt XVI. für die römisch-katholische Kirche anerkannt wurde.  Infolge des Rituals, bei dem die „Homosex-Dämonen Dragon, Varina und Selithareth“, ausgetrieben werden sollten, verübte der Priester einen Sexualmord. Zwei Jahre später untersagte die die Zentralbehörde der katholischen  Kirche, die  Kongregation für die Glaubenslehre dem Engelwerk die Durchführung von Exorzismen außerhalb der kirchlichen Regeln.
 Der letzte bekannte Todesfall in Deutschland ereignete sich am 5. Dezember 2015 in Frankfurt am Main. Opfer war eine 41-jährige Südkoreanerin, die einer christlichen Mischreligion anhing. Die Getötete hatte nach Feststellung des Gerichts in der Tatnacht begonnen, Selbstgespräche zu führen und um sich zu schlagen. Daraufhin hatten 5 Verwandte der Getöteten beschlossen, ein Exorzismus-Ritual zu praktizieren, woran die Frau letztlich starb. Die Hauptangeklagte, eine 44 Jahre alte Cousine des Opfers wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die anderen Angeklagten erhielten Bewährungsstrafen.
Auch die orthodoxe Kirche kennt einen Fall mit Todesfolge. Die  23-jährige Nonne Maricica Cornici, wurde im Juni 2005 im rumänischen Kloster Tanacu (Kreis Vaslui) im Rahmen eines exorzistischen Rituals an ein Kreuz gebunden und starb an den Folgen. 
Die meisten älteren protestantischen Kirchen üben Exorzismus wegen zunehmender Erkenntnisse  über Traumata, Missbrauch und Geisteskrankheiten nicht oder nicht mehr aus.
 Vertreter des Berufsverbandes Deutscher Psychiater, halten exorzistische Rituale für reine Suggestion. Manifeste seelische Erkrankungen können nicht durch Exorzismus gelöst oder geheilt werden. Es kann sogar zu Verschlimmerungen kommen, wenn medizinische Hilfe unterbleibt.

Praktizierter Exorzismus war auch der Fall Ammons in Indiana. Der unglauliche Vorfall beginnt im November 2011. Damals bezieht Latoya Ammons mit ihren drei Kindern im damaligen Alter von sieben, neun und zwölf Jahren sowie ihrer Mutter Rosa Campbell ein Haus in Gary (Indiana). Bereits kurz nach dem Einzug haben sie das Gefühl, dass mit dem Haus etwas nicht stimmt. An den Scheiben der Veranda etwa tummeln sich Tausende von Fliegen. Dabei war es Winter und eiskalt. Wenige Wochen später will die 32-Jährige mitten in der Nacht „Schritte im Haus“ hören, die sie sich nicht erklären kann. Ein menschlicher Schatten“, den sie nachts gesehen haben will, und ein nasse Fußabdruck im Wohnzimmer am darauffolgenden Morgen“ machen sie nervös. Doch sie unternimmt noch nichts. Das ändert sich erst in der Nacht zum 10. März 2012. Gegen zwei Uhr morgens wird die Oma der Familie, Rosa Campbell, durch einen fürchterlich lauten Schrei ihrer Enkelin geweckt. Als sie zusammen mit ihrer Tochter im Zimmer der Zwölfjährigen steht, traut sie ihren Augen nicht. Das Mädchen, so berichten die beiden Frauen übereinstimmend, „schwebte minutenlang über ihrem Bett“. Als die beiden Frauen niederknien und beten, fällt das Mädchen wieder zurück ins Bett. Die Mutter berichtet, dass danach die „Dämonen von ihren Kindern Besitz ergriffen hätten“. „Den dreien quollen die Augäpfel hervor, sie hatten dieses Teufels-Lächeln und ihre Stimmen machten mir Angst.“ Ammons versucht sofort Hilfe zu bekommen, bei der Polizei, beim Jugendamt. Doch keiner nimmt sie ernst.  Im April 2012, so behauptet Ammons, „schwebt ihr sieben Jahre alter Sohn aus dem Badezimmer und trifft mit den Füßen die zwölfjährige Tochter“. Sie wird so schwer verletzt, dass sie in einer Klinik am Kopf genäht werden muss. Dem Arzt, Geoffrey Onyeukwu, erzählt das Mädchen, dass „sie Stimmen höre“. Diese würden ihr sagen, dass sie „ihre Familie nie wieder sehen werde“. Als dann auch noch ihr siebenjähriger Bruder wild schreit, um sich schlägt und von insgesamt fünf erwachsenen Männern festgehalten werden muss, bekommt selbst der Arzt es mit der Angst zu tun. Ich habe solche dämonischen Schreie noch nie erlebt“, sagt Onyeukwu. Er gibt den Vorfall weiter ans Jugendamt, das eine Untersuchung einleitet. Die Behörde glaubt, dass die Mutter ihre Kinder nur vernachlässige. Später verliert sie für sechs Monate sogar das Sorgerecht, weil Ammons sie nicht mehr zur Schule schickt. Während der Untersuchung durch das Jugendamt kommt es zum nächsten Zwischenfall. Laut dem Bericht der Sozialarbeiterin Valerie Washington soll der „sieben Jahre alte Junge sie wie ein Wolf angeknurrt und seine Zähne gezeigt haben“. Dann habe er seinen älteren Bruder, 9, gepackt und in „einer Stimme, die nicht seine eigene war“, angebrüllt: „Es ist Zeit zu sterben. Ich werde dich töten.“ Als sein Bruder den Angriff abwehren kann, stürzt er sich auf die Großmutter. Was dann passiert, klingt ungeheuerlich: Der kleinere Junge, so berichtet Oma Campbell, soll „rückwärts die Wand hochgelaufen und nach einem Salto von der Decke wieder auf dem Boden gelandet sein.“ Washington und eine Krankenschwester, die mit im Raum ist, bestätigen den Vorfall. Das Jugendamt alarmiert daraufhin die Polizei. Der Geistliche der Klinik schlägt eine „Teufelsaustreibung“ bei den Dreien und auch bei der Mutter vor. Der Pfarrer Mike Maginot führt sie später durch. Und wie durch ein Wunder sind alle Probleme anschließend verschwunden. Das Jugendamt gibt Ammons die Kinder zurück und unterstützt sie beim Umzug in ein anderes Haus in Indiana.  Quelle:  veröffentlicht am 29.01.2014 von Michael Remke, New York in der Welt.

Im Jahr 2016 wurde das weltweit als „Dämonenhaus“ bekannt gewordenes Gebäude im US-Bundesstaat Indiana abgerissen .

 

1Das Engelwerk sieht seine Aufgabe darin, „die Verehrung der heiligen Engel zu fördern, [sich] für die Heiligung des Volkes Gottes einzusetzen und im Besonderen den Priestern beizustehen, sowie die heiligen Engel zu beschwören. Zentrum des Engelwerkes ist die Burg St. Petersberg in Silz (Tirol). Dem  Engelwerk gehören zahlreiche Ordensmänner und -Schwestern, sowie mehrere Bischöfe und Kardinäle an.