Die Schlangeninsel

Queimada Grande, oder Ilha das Cobras („Schlangeninsel“), auch „Insel des Todes“ genannt, ist eine Insel 33 Kilometer südlich vor der brasilianischen Südostküste. Die Insel ist unbewohnt und schwer zugänglich. Die Küste besteht aus schroffen Felsen, die steil ins Meer abfallen. Die Wassertiefe um die Insel beträgt 45 m. Sandstrände gibt es keine, weshalb eine Landung sehr schwierig ist. Auf dem nördlichsten Teil des Inselhauptkamms steht ein von der brasilianischen Marine betriebener Leuchtturm. In wenigen Jahren sind drei Leuchtturmwärter durch Schlangenbisse zu Tode gekommen. Der letzte Leuchtturmwärter und seine Familie wurden auf ihrer Flucht durch den Wald von den Schlangen gejagt und getötet. Seither  wird das für Schiffe im Großraum von São Paulo wichtige Leuchtfeuer automatisch betrieben.

Lanzenotter

Auf der etwa 430.000 m² großen Insel lebten Anfang des 20. Jahrhunderts ungefähr 15.000 endemische Insel-Lanzenottern (Bothrops insularis), einer Schlangenart aus der Unterfamilie der Grubenottern (Crotalinae). Die Schlangenart gilt als eine der gefährlichsten der Welt, denn ihr Gift wirkt extrem schnell. Es verhindert die Blutgerinnung und löst das Muskelgewebe auf. Ein Biss der Lanzenotter kann bei einem Menschen innerhalb von sechs Stunden tödlich enden. Das Gift der Insel-Lanzenotter weist etwa die fünffache Konzentration dessen der Jararaca-Lanzenotter auf. Einer anderen Schlangenart aus der Unterfamilie der Grubenottern. die im Südosten Brasiliens, im äußersten Osten Paraguays und im Nordosten Argentiniens beheimatet ist. Ihr Gift wirkt deswegen extrem schnell, so dass gebissene Beutevögel nicht mehr wegfliegen können. Versuche ergaben, dass das Gift Mäuse binnen 2 Sekunden tötet. Die Schlangen ernähren sich heute überwiegend von Zugvögeln, die auf der Insel rasten. Bei einer Untersuchung machten Vögel 85 % der Beute aus. Wegen der Isolation der Insel-Lanzenotter vom Festland seit der letzten Eiszeit ist der Genpool sehr klein.  Die Insel-Lanzenotter hat vier Geschlechter entwickelt: Neben männlichen und weiblichen Exemplaren wurden männliche Tiere mit weiblichen Geschlechtsorganen gefunden und ebenso umgekehrt; unter den letzten beiden Geschlechtern schienen sich (selten) echte Zwitter (Selbstbefruchter) zu befinden. Durch den steigenden Anteil von Individuen mit gestörter Geschlechtsbestimmung und den stark sinkenden Anteil an Weibchen geht die Fortpflanzungsrate kontinuierlich zurück. Die Schätzungen über den atuellen Bestand schwanken, doch Forscher gehen davon aus, dass auf jedem Hektar (10.000 m²)  der Insel bis zu 350 dieser Schlangen leben. Die IUCN stuft die Art trotzdem als vom Aussterben bedroht ein.

Die Insel steht seit 1985 unter Naturschutz. Das Betreten der Insel sowie das Fischen in einem Umkreis von einem Kilometer ist verboten. Nur Forschungsteams dürfen sie betreten.

Schlangengifte sind wichtiger Gegenstand de pharmakologischen Forschung. Den ACE-hemmend wirkenden Peptiden des Giftes der Jararaca-Lanzenotter (Bothrops jararaca), insbesondere der Insel-Lanzenotter, ist der Wirkstoff Captopril nachempfunden. Captopril ist die Leitsubstanz für die Gruppe der ACE-Hemmer. Das sind gefäßerweiternde, damit den Gefäßwiderstand senkende und die Freisetzung der blutdrucksteigernden Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin hemmende Arzneistoffe, die insbesondere in der Therapie des Bluthochdruckes (arterielle Hypertonie) und der chronischen Herzinsuffizienz Anwendung finden